Maßnahmenbündel gegen Verkehrsinfarkt in Winsen
Winsen. Konstruktive Lösungen haben sich bei der Verkehrskonferenz von Bund, Land und Kommunen am Freitag im Kreishaus in Winsen ergeben. Bei dem Gespräch über die teilweise chaotische Verkehrssituation der vergangenen Monate im Landkreis Harburg herrschte in der Problemanalyse rasch Einigkeit. Doch bei dieser Analyse blieb es nicht. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann regte angesichts der Probleme wie der Einschränkung des Metronom bei gleichzeitiger Sperrung der S 3 nach Harburg oder der nicht angekündigten Änderung der Baustellenzeiten am Ehestorfer Heuweg zwischen Hausbruch und Ehestorf die Idee einer länderübergreifenden gemeinsamen Verkehrsentwicklungsplanung an – auch wenn der Weg dahin noch weit sei. „Wir freuen uns, dass wir mit konkreten Ergebnissen aus dem Gespräch gehen“, zog Landrat Rainer Rempe ein positives Fazit.
Für die Vergangenheit wurde Enak Ferlemann, der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, deutlich: „In Deutschland ist zu wenig Geld in den Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur geflossen. Deshalb investieren wir mehr Mittel als je zuvor für die Umsetzung von Verkehrsprojekten in Deutschland, insbesondere auch für den norddeutschen Raum.“ Viele Planungen sind bereits weit vorgeschritten oder sollen in Kürze anlaufen. Minister Althusmann nannte im Einzelnen:
Hamburg will die Planungen der A26 von der Landesgrenze zu Niedersachsen bis zur A7 noch in diesem Jahr abschließen. Wenn keine Klagen eingehen, geht es zügig in den Bau, der 2023 abgeschlossen sein soll.
Die Planung der Ortsumfahrung von Elstorf/Ketzendorf ist als Pilotprojekt zur Planungsbeschleunigung vorgesehen. Dadurch sollten etwa zweieinhalb Jahre bis zur Verkehrsfreigabe eingespart werden. Die Verbindung könnte Ende 2028 fertig werden.
Bei der Planung des Anschlusses der B404 an die A25/Ortsumfahrung Geesthacht will man sich für die niedersächsischen Belange in Schleswig-Holstein einsetzen.
Die Planung für den Umbau der überlasteten Anschlussstelle Maschen an der A39 kann mit Unterstützung des Landes erfolgen. Die Gemeinde sollte hierzu die Initiative ergreifen.
Die Planungen der Rastanlage Elbmarsch bei Meckelfeld sind bis auf weiteres gestoppt worden. Auch wenn der Bedarf zur Schaffung von Parkmöglichkeiten für Lkw-Fahrer weiter bestehe, solle der Suchraum für die Rastanlage noch einmal kritisch überprüft und gegebenenfalls erweitert werden.
Dank einer Einigung mit der Deutschen Bahn AG wird derzeit erneut die Möglichkeit einer Sanierung der Decatur-Brücke bei Maschen untersucht. Im Februar soll eine Entscheidungsgrundlage vorliegen.
Die Landesregierung in Niedersachsen wird auch weiterhin die Entstehung von Radschnellwegen unterstützen.
Ferner sagte Minister Althusmann zu, dass man erneut die Reaktivierung der Bahnstrecke Buchholz – Harburg über Jesteburg prüfen werde, die bislang aufgrund von Trassenkonflikten mit dem Güterverkehr nicht umsetzbar ist. Eine Realisierung sei vom Ergebnis der sogenannten „Knotenstudie Hamburg“ abhängig, mit der zusätzliche Trassenkapazitäten im Gesamtraum geschaffen werden sollen.
Ferlemann ergänzte, dass die Studie der Öffentlichkeit am 6. November vorgestellt werde und danach im Internet abgerufen werden könne. Hierzu griff Minister Althusmann die Idee einer Durchbindung der Regionalzüge nach Schleswig-Holstein auf und kündigte eine Gesprächsinitiative mit seinem Amtskollegen in Schleswig-Holstein an. Die Durchbindung ermögliche auch längere Züge mit je acht Wagons und steigere damit die Kapazitäten zusätzlich. Zudem benötige man zusätzliche Gleiskapazitäten im Hamburger Hauptbahnhof.
Die Realisierung eines S-Bahnanschlusses für die Strecke Hamburg – Lüneburg sieht man im Ministerium weiter kritisch. Insbesondere, weil mit der Umsetzung der Maßnahmen im Hamburger Knoten sowie der Schaffung zusätzlicher stündlicher Nahverkehrszüge des Metronoms eine höhere Effektivität mit mehr Platzkapazität gegenüber der S-Bahn erreicht werden könne, so der Minister.
Bei der Änderung des HVV-Tarifs für die Städte Winsen, Buchholz und Buxtehude blieb Althusmann unverändert bei der Position des Landes, wonach den vergleichsweise hohen Zusatzkosten gemäß Gutachten nur ein geringer Zuwachs an Nutzern gegenüber stehe.
Sowohl Althusmann als auch Ferlemann waren sich darin einig, dass es ohne Einschränkungen bei den Vereinbarungen aus dem Dialogforum zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen aus dem Alpha E bleibe und räumten damit Irritationen der vergangenen Wochen aus dem Weg.
Für Landrat Rempe und die anwesenden Bürgermeister war angesichts der Baustellenprobleme das Thema Verkehrskoordinierung von besonderer Bedeutung. „Straße und Schiene sind gleichermaßen betroffen“, sagte Landrat Rempe. „Funktioniert es an einer Stelle nicht, merken wir es sofort woanders. Dabei macht es keinen Sinn, an der Landesgrenze Halt zu machen. Wir müssen Hamburg von der besonderen Wichtigkeit einer umfassenden, gemeinsamen Verkehrskoordination überzeugen und das verbindlich auf höchster Ebene regeln“.
Für Niedersachsen meldete Minister Althusmann gleich Vollzug seitens der Landesregierung: „Wir haben eine neue Stabsstelle in der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr eingerichtet. Mit Friederike Wöbse, die bislang im Geschäftsbereich Stade der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr tätig war, haben wir eine regional geprägte und sehr erfahrene Kraft, die die Arbeit bereits aufgenommen hat. Aus dem Verkehrsministerium wird Herr Bartling diesen Prozess im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit unterstützen.“
Bürgermeister André Wiese aus Winsen gab auf dem Weg zur Realisierung der Vision eine wichtige Forderung mit: „Gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen den Handelnden helfen nicht weiter. Wir müssen über Grenzen und Institutionen hinweg miteinander reden und die Ergebnisse auch in der Öffentlichkeit gemeinsam vermitteln. Wir brauchen ein anderes Kommunikationskonzept als bisher.“
Damit steht er nicht allein: Auch Minister Althusmann und Landrat Rempe sehen eine Kernaufgabe der neuen Koordinatoren darin, Informationsdefizite zwischen den Beteiligten zu beseitigen sowie für eine frühzeitige und intensive Öffentlichkeitsarbeit zu sorgen. Zudem will das Wirtschaftsministerium in Hannover das Gespräch mit den Kollegen in Hamburg und Schleswig-Holstein, aber auch mit der Deutschen Bahn suchen, um eine verbesserte länderübergreifende Verkehrskoordination auf den Weg zu bringen.
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