Salzhausen. Einen Goldschatz hat er bisher nicht gefunden – aber Jochen Brandt ist sich auch nicht sicher, ob er auf dem Josthof in Salzhausen wirklich auf Edelmetall stoßen will. Denn die bisherigen Funde sind für den Kreisarchäologen des Landkreises Harburg viel mehr wert als ein Goldschatz. Lächelnd öffnet Jochen Brandt einen kleinen, durchsichtigen Plastikbeutel. Der Inhalt ist für Brandt von unschätzbarem Wert. Die beiden unscheinbaren Scherben eines alten Tonkruges verraten, wie alt der Josthof im Herzen Salzhausens auf jeden Fall ist. „Die Scherben sind um die 1000 Jahre alt. Meine Erwartungen sind damit völlig übertroffen worden“, sagt Jochen Brandt, der die bisherigen Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen auf dem Josthof am Freitag vorgestellt hat.
Seit August führt das Archäologische Museum Hamburg für den Landkreis Harburg auf dem Josthof im Herzen Salzhausens eine Ausgrabung durch, um nach den Spuren des mittelalterlichen Orts zu suchen. Die Hofstelle ist immerhin bereits seit 1252 belegt. Die Gelegenheit für die Ausgrabung hat sich durch einen eigentlich traurigen Anlass ergeben: Der traditionsreiche Josthof, zuletzt Hotel und Restaurant und eines der Wahrzeichen Salzhausens, war Ende April 2017 komplett abgebrannt. Dadurch ergab sich jedoch die Chance, erstmals im historischen Ortskern Salzhausens umfangreich archäologisch tätig zu werden.
Nachdem der Brandschutt im Sommer dieses Jahres abgeräumt worden war, ging es los. Seitdem ist das Archäologische Museum Hamburg daher in Abstimmung mit der Gemeinde und dem Landkreis Harburg, der die Grabung maßgeblich durch Personal- und Sachmittel unterstützt, vor Ort tätig und forscht im Untergrund nach historischen Bauspuren. Der alte, abgebrannte Josthof wurde in den 1830er-Jahren errichtet. Doch darunter fanden Jochen Brandt und sein Team deutlich ältere Bauphasen, die unter dem Boden konserviert wurden und trotz verschiedener Umbaumaßnahmen am Gebäude erhalten blieben. Unter den Fliesen des Restaurants fanden die Archäologen Fundamente, die auf ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert hindeuten. Große Feldsteine machen den Grundriss des damaligen Vierständerhauses mit Diele, Zwischenbereich und guter Stube deutlich.
Doch im Erdboden fanden sich außerdem eine Vielzahl von Funden. „Das ist voller Scherben aus dem 14. und 15. Jahrhundert“, sagt Jochen Brandt. Aber auch einige Münzen waren im Boden verborgen, die meisten aus dem 19. Jahrhundert, die älteste wurde aber bereits 1674 geprägt. Unter den Gebäuderesten des 17. Jahrhunderts haben die Archäologen weit ältere Spuren entdeckt, die sie Schicht für Schicht freilegen. So stand nach Einschätzung Brandts auf dem Josthof-Gelände im Frühmittelalter ein Grubenhaus. Diese Grubenhäuser waren etwa zur Hälfte im Boden eingegraben. Sie waren beispielsweise als Schmiede oder Webhütte genutzte Arbeitsgebäude. „Da sind wir mindestens im 10. Jahrhundert. Es ist ein Glücksfall, wie der Josthof das Mittelalter konserviert hat.“ Für den Landkreis Harburg sind diese Spuren nach Worten Brandts einmalig, „und die Funde machen das grifffest, was wir aus schriftlichen Quellen kennen“, sagt der Kreisarchäologe. Puzzlestück für Puzzlestück setzen die Archäologen mit den Funden das Bild der Vergangenheit zusammen. „So gelangen wir bis an die Geburtsstunde Salzhausens zurück“, so Brandt.
Die Arbeiten auf dem Josthof werden noch bis zum ersten Frost fortgeführt. Dann wollen Jochen Brandt und sein Team den Boden abdecken und pausieren. Im kommenden Jahr werden die Arbeiten fortgesetzt.