Harburg. Zugegeben. Einen Artikel über einen Biker mit der ersten Zeile des legendären Bikersongs von Steppenwolf aus Easy Rider zu beginnen, mag klischeehaft klingen. Aber für einen Artikel über den Harburger Manfred „Manne“ Berger ist er doch passend. Denn dass Berger (60) heute wieder auf seinem Bike sitzt, ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit: Im Mai 2016, am Beginn einer Deutschlandrundfahrt, wurden er und seine Begleiter von einem PKW erfasst, der beim Auffahren auf die Landstraße in den Gegenverkehr fuhr. Sie waren von ihrer ersten Station Rügen auf dem Weg nach Berlin. Einer seiner beiden Mitfahrer kam ums Leben, einer blieb beinahe unverletzt. Manne überlebte schwerverletzt, verlor dabei sein linkes Bein, lag im Koma.
Er kämpfte sich zurück ins Leben. Ein Jahr verbrachte er mit Reha und auch sein linker Arm ist bis heute nicht wieder voll einsatzfähig. „Meine Frau Susanne hat mir sehr geholfen“, so Berger. „Erstens ist sie bei mir geblieben – das ist nach solch einem Schockerlebnis nicht unbedingt selbstverständlich. Und zweitens hilft sie jetzt in allen Lebenslagen. Sie war auch beim ersten Aufwachen aus dem Koma an meiner Seite. Das war für mich nach dem Unfall der schönste Moment in meinem Leben.“ Auch seine beiden Söhne haben ihm in dieser Zeit viel geholfen. Der Jüngere kam dafür extra mit seiner Frau aus Amerika, wo er stationiert war, nach Deutschland. „Das hat mich sehr gerührt“, so Berger. Denn drei Jahre hatten sich die beiden nicht gesprochen, da sie sich überworfen hatten.
Berger ist heute Frührentner. Dazu kamen im Februar 2017 noch Herzrhythmusstörungen, ein Defibrillator wurde im ins Herz eingepflanzt. Der löste im August desselben Jahres aus. „Immer wieder knallte es“, berichtet Berger von diesen Minuten, in denen der Defi immer wieder, rund 15 Mal, einen Stromschlag versetzte. Das erschreckende: Mehrere Passanten gingen einfach weiter, obwohl er sie um Hilfe bat, bevor ihn jemand nach Hause zu seiner Frau Susanne begleitete, von wo aus er ins Krankenhaus kam.
Aber aufgeben, das ist nicht Mannes Art. „Für mich war gleich nach dem Unfall klar, dass ich mich wieder aufs Bike setze – ich wusste nur noch nicht wie“, so Berger. 1977 hatte er den Motorradführerschein gemacht und sich gleich seine erste Maschine, eine Honda CJ 250 T geholt. Es folgte eine Yamaha XT 500. „Dann kamen die Liebe und die Kinder und kein Geld“, erzählt er lächelnd. Dann, 1994, holte er sich sein neues Bike, eine 1971er Harley Davidson FX 1200 mit Shovel-Motor und baute sie ein Jahr lang auf.
Es ist die Maschine, die er bei seinem Unfall fuhr und auch wieder heute fährt. „Ich habe sie als Totalschaden behalten und dann angefangen, sie wieder aufzubauen“, berichtet Berger. Dafür holte er sich Hilfe bei einem guten Schrauber. Es galt, nicht nur den Unfallschaden wieder zu richten, sondern auch umfangreiche Umbauarbeiten zu bewerkstelligen, damit die Maschine auf seine Bedürfnisse zugeschnitten war. So ist jetzt ein Beiwagen fest angebaut, die Handschaltung wurde umgebaut und es gibt einen Rückwärtsgang, da das Schieben schwerfällt.
Und so steht seine Maschine heute, edel in pulverbeschichtetem mattem Schwarz, wieder in seiner Werkstatt und ist fahrbereit. Hinzu kommen einige Lederapplikationen, die von Berger selbst gefertigt wurden. Der Sattel ist noch von vor dem Unfall, hinzu kamen eine neue Tankabdeckung aus Leder, Harley Davidson Embleme am Tank und einige andere. Satteltaschen sollen noch folgen. Schließlich ist Bergers Spitzname nicht umsonst „Leder-Manne“. Auch der alte Stahlhelm, der zum Öltank umfunktioniert wurde, ist noch von vor dem Unfall da. Damit geht es nun zu den Harley Days nach Hamburg.
Auch eine andere wichtige Sache seines Lebens hat Berger wieder aufgenommen: Wenn die Harburger Musiker Jimmy Cornett und Dennis Adamus in der Gegend auf der Bühne stehen, dann ist auch Berger da, um sie bei einigen Songs auf seinem Waschbrett zu begleiten. Das hat Tradition und mit den beiden verbindet ihn eine jahrelange enge Freundschaft.
Ob ihn der Unfall verändert hat? Berger nickt. Er zeige heute mehr Gefühle als früher, berichtet er. Vor dem Unfall, da habe er sie ins sich verschlossen. „Jetzt gibt es Situationen, die mich berühren und wo ich es auch zeige“, so Berger.
Für das nächste Jahr hat er sich eine große Tour vorgenommen. Zweieinhalb Monate möchte er auf seinem Bike den Süden Europas befahren. „Portugal, Spanien, Frankreich, Italien“, so Berger. Das ist eine große Herausforderung für ihn. „Es ist dann das erste Mal, dass ich nach dem Unfall den sicheren Hafen Hamburg für länger und auch für weit weg verlasse.“ Seine Frau wird ihn dabei nicht begleiten. „Aber sie unterstützt mich. Und wenn ich ein Plätzchen finde, dass ihr auch gefallen wird, dann kommt sie vielleicht nach“, grinst Manne verschmitzt.