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Nach Türkeiabstimmung: Hamburger CDU surft auf der Empörungswelle

Niels Kreller | Politik
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete aus Süderelbe und Vorsitzende seiner Fraktion André Trepoll geht nach dem refendum in der Türkei gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vor. | Foto: ein
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete aus Süderelbe und Vorsitzende seiner Fraktion André Trepoll geht nach dem refendum in der Türkei gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vor. | Foto: ein

Harburg. Die Erwartung an Politiker, sie mögen ihre Behauptungen mit Fakten untermauern, scheint irgendwie 80er zu sein, ein Relikt aus dem vorigen Jahrtausend. Wer auf der aktuellen Empörungswelle surft, hat dies augenscheinlich nicht nötig. Das ist aber durchaus kein Privileg rechter und fanatischer Populisten wie denen der AfD, Donald Trump oder des türkischen Präsidenten Erdogan.

Auch André Trepoll, CDU-Bürgerschaftsabgeordneter aus Süderelbe und Vorsitzender seiner Fraktion, scheint ein Freund kurzgehaltener Plausibilitätsketten zu sein. So behauptete er nach dem Ausgang des Referendums in der Türkei und Bekanntwerden am Ostermontag auf facebook „Und eines ist nach diesem Abstimmungsergebnis ebenfalls ganz klar: Die doppelte Staatsbürgerschaft, wie von #SPD und #Grünen immer propagiert, ist kein Garant für eine funktionierende Integration und gehört deshalb umgehend auf den Prüfstand.“ Hintergrund war das Abstimmungsergebnis bei den in Deutschland lebenden Abstimmungsberechtigten, die mit 63 Prozent bundesweit (Hamburg: 57 Prozent) für die Einführung des von Erdogan gewollten Präsidialsystems votierten.

Auf Nachfrage, ob er für sein Behauptung Zahlen habe, wie die Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft abgestimmt hätten, oder ob es wenigstens Hinweise über deren Verhalten gäbe, antwortete Trepoll: „Von den am Referendum teilnehmenden türkischen Wählern in Deutschland hatten nach Angaben der türkischen Wahlkommission 63 Prozent mit Ja für die Ein-Mann-Herrschaft Erdogans gestimmt, in Hamburg knapp 57 Prozent. Diese Zahlen lassen eine politische Einschätzung wie ich sie gestern vorgenommen habe zu.“ Man müsse leider feststellen, dass das derzeitige Modell kein Erfolgsmodell sei. Es trage „bei einem Teil der Betroffenen offensichtlich nicht dazu bei, unsere Gesellschaft mit all ihren Werten und ihrer Kultur zu akzeptieren.“

Kommentar: Gefährlich nah am Populismus gebaut

Das Ergebnis der Abstimmung in der Türkei ist erschreckend und alarmierend. Eine wenn auch knappe, Mehrheit hat sich für die faktische Abschaffung der parlamentarischen Demokratie in Richtung einer Präsidialdiktatur entschieden. Und die europäischen Demokratien haben vorwiegend dabei zugesehen, wie schon im Vorwege die Opposition drangsaliert wurde und von einem fairen Wahlkampf nicht die Rede sein konnte. Auch, dass in Deutschland 67 Prozent der Abstimmenden für diesen Schritt gestimmt haben, ist besorgniserregend.

Klar ist: Es muss eine deutliche und zügige Antwort darauf geben, dass ein ein Land, mit dem die EU Beitrittsgespräche führt, einen solchen Schritt unternimmt. Trotzdem sind Pauschalisierungen kein Weg, sich lösungsorientiert diesem Problem zu widmen.

Der Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll aber konnte sein schnell gefasstes Urteil, dass das Ergebnis zeige, dass die doppelte Staatsbürgerschaft kein Garant für funktionierende Integration sei, nicht durch Fakten oder wenigstens Indizien untermauern. Dazu bedürfte es Erkenntnisse darüber, wie die Inhaber der doppelten Staatsbürgerschaft abgestimmt haben. Die gibt es aber nicht, denn schließlich war die Abstimmung geheim. Vielleicht haben sie ja auch mit großer Mehrheit mit Nein gestimmt und wären somit ein Paradebeispiel für funktionierende Integration?

Die Behauptung Trepolls ist purer, substanzloser Populismus, der sich bar jeden Beweises die aktuelle (berechtigte) Empörung über diese ganze Abstimmung für seine Zwecke zu Nutze macht. Diese Masche ist offensichtlich kein alleiniges Instrument von Demagogen a la AfD, Trump oder eben Erdogan mehr. Sie hält Einzug in das Spektrum demokratischer Parteien. Das ist vielleicht noch alarmierender als das Ergebnis in der Türkei.

Das Superwahljahr 2017 hat Fahrt aufgenommen.

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