Vom Schüler zum Coach: Syrer übt Deutsch mit Geflüchteten aus der Ukraine

| Niels Kreller | Life
Die Ehrenamtlichen des DRK: Helen (v. l.), Svitlana, Olana, Anwar, Lisa Kummer, In der Mitte: Anna aus Nowyj Buh, einer Stadt im Osten der Ukraine. Die 18-Jährige leidet an einer Muskelerkrankung und ist mit Schwester und Mutter vor vier Wochen nach Deutschland geflohen. | Foto: DRK Harburg
Die Ehrenamtlichen des DRK: Helen (v. l.), Svitlana, Olana, Anwar, Lisa Kummer, In der Mitte: Anna aus Nowyj Buh, einer Stadt im Osten der Ukraine. Die 18-Jährige leidet an einer Muskelerkrankung und ist mit Schwester und Mutter vor vier Wochen nach Deutschland geflohen. | Foto: DRK Harburg

Harburg. Jeden Sonnabend um 14 Uhr öffnet Anwar Hamdosch schwungvoll die Glastür der DRK-Flüchtlingsunterkunft Eichenhöhe 9, unterm Arm das „Bildwörterbuch Deutsch“. Der 38jährige Syrer ist ehrenamtlich im Sprachkurs für Geflüchtete aus der Ukraine aktiv. Das Angebot des DRK Harburg, initiiert vom ebenfalls ehrenamtlich tätigen Ehepaar Lisa und Andreas B. Kummer, kennt er: „2016 war ich selbst Schüler in diesem Kurs.“ Heute ist er einer der Coaches, der mit den Geflüchteten Deutsch übt und nicht nur sein sprachliches Wissen weitergibt.

Wenn Svitlana, Olana und Helen in der Flüchtlingsunterkunft Eichenhöhe mit Anna und anderen Geflüchteten Deutsch üben, sitzt auch Anwar Hamdosch am Tisch. Er hat Krieg und Flucht selbst durchlebt und ist aus Aleppo vor sieben Jahren mit Frau und Baby nach Deutschland gekommen. „Da saß ich dann in einer Erstaufnahme in Neumünster. Kaum Deutschkenntnisse, außer ,Moin‘. Die Bomben hinter mir. Eine riesengroße Unsicherheit vor mir und meinen Sohn auf dem Arm, der mich eines Tages fragen würde: ,Was hast Du für mich gemacht?‘“

Anwar Hamdosch fand Menschen, die „einfach machten“: „Eine DRK-Mitarbeiterin hat mir erzählt, dass ihre Mutter eine Trümmerfrau im Zweiten Weltkrieg gewesen war. Ich musste das Wort Trümmerfrau googlen. Darüber zu lesen, hat mir Kraft gegeben und irgendwie wusste ich: Ich kann hier von vorne anfangen.“

Rückblickend sind für ihn die Deutschkenntnisse und das langfristige „Machen“ der DRK-Ehrenamtlichen sein persönlicher Schlüssel für einen Neuanfang gewesen. „Beides zusammen ist wie eine Schiene für meinen Weg. Ein Zug ohne Schienen fährt nicht. Deshalb helfe ich jetzt den Geflüchteten aus der Ukraine. Ich kenne ihre Zweifel, ich verstehe sie gut. Vor ein paar Jahren war ich an ihrer Stelle.“

Der Kurde stammt aus einer Juristenfamilie, war in Aleppo als Anwaltsgehilfe tätig. Nach einem Integrationskurs und dem Sprachzertifikat hat er mit Unterstützung der Eheleute Kummer fast 70 Bewerbungen abgeschickt, die Wartezeit mit Praktika, unter anderem im DRK-Hospiz, überbrückt. Bei Green Planet Energy fand er einen Ausbildungsplatz, ist jetzt Bürokaufmann. „Ich mag alles, was mit Bürokratie und Behörden zu tun hat“, schwärmt er. Seine Frau, früher Lehrerin in Syrien, arbeitet heute in einer Kita. Hamdosch lächelt stolz: „Unser Sohn besucht die erste Klasse und ist gerade zum Klassensprecher gewählt worden.“

Das DRK Harburg sucht noch Ehrenamtliche und Teilnehmer für das Sprachangebot in der Bücherhalle Harburg, jeweils dienstags, 14 Uhr, Kontakt über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Tel. 040/ 766092-64.

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