Meckelfeld. Der Tote des tragischen Unfalls in Meckelfeld vom Freitagabend, bei dem ein 91 Jahre alter Fußgänger starb, als er auf der Glüsinger Straße auf einem Fußgängerüberweg von einem Auto erfasst wurde (besser-im-blick berichtete: Tödlicher Verkehrsunfall in Meckelfeld), ist ein vor allem in Sportler- und Fußballerkreisen bekannter Meckelfelder: Werner "Seppel" Weiß. Eine Frau (44) war aus der Straße Am Saal mit ihrem Mercedes-SUV in die Hauptstraße abgebogen. Dabei hatte sie in der Dunkelheit offenbar Weiß übersehen, für den laut Zeugen die Fußgängerampel grün zeigte.
Der 91-jährige Weiß, der sich in Begleitung seiner 73-jährigen Lebensgefährtin Ricarda Franke auf dem Heimweg von einer Seniorenfeier in Meckelfeld befand, wurde von dem Fahrzeug erfasst und über die Motorhaube geschleudert. Seine Begleiterin hatte die Straße bereits in der vorangegangenen Grünphase überquert. Er selbst wollte lieber warten, weil er fürchtete, es in der bereits begonnenden Grünphase am Zebrastreifen nicht mehr rechtzeitig über die Straße zu schaffen. Das kostete ihn das Leben.
Ein herbeigerufener Notarzt hatte noch längere Zeit versucht, "Seppel" Weiß zu reanimieren. "Er erlag noch an der Unfallstelle seinen Verletzungen", sagte ein Polizeibeamter. Die Autofahrerin erlitt einen Schock. Gegen sie wird nun vermutlich wegen fahrlässiger Tötung ermittelt werden. Die Glüsinger Straße war wegen der Rettungsarbeiten und der Unfallaufnahme für einen längeren Zeitraum gesperrt.
Werner Weiß war nicht nur vielen Meckelfeldern seit vielen Jahrzehnten bekannt. Der frühere aktive Fußballer und Fußballtrainer wurde in Harburg Stadt und Land gleichermaßen geschätzt - einerseits wegen seiner Fachkenntnisse als Trainer, aber auch wegen seiner angenehmen menschlichen Art und seines stets bescheidenen und zurückhaltenden Auftretens.
Ein Leben ohne Sport war für Werner "Seppel" Weiß undenkbar. Der Meckelfelder absolvierte im vergangenen Jahr zum 42. Mal die Bedingungen für das Sportabzeichen. Dazu gehören in dieser Altersklasse Seilspringen, Weitsprung und Kugelstoßen sowie Schwimmen. Seine eigentliche Leidenschaft gehörte aber von frühester Jugend an dem Fußball. Sogar einer Profi-Karriere war "Seppel" Weiß als junger Kicker einmal ganz nah: Wenige Jahre nach Kriegsende, 1952, hatte der als sehr talentiert geltende Außenstürmer einen Vertrag beim Hamburger Sportverein unterzeichnet.
Und doch wurde aus der großen Karriere für "Seppel" Weiß an der Seite der späteren HSV-Größen Uwe und Dieter Seeler, Klaus Stürmer und Co nichts. Das verhinderte eine Knieverletzung, die dem jungen Fußballer aus Harburg schon wenig später einen Strich durch die Rechnung machte. Deswegen wurde der Vertrag bereits ein Jahr später in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst.
Aber Weiß blieb am Ball, und zeigte als Vertragsspieler für den Harburger Turnerbund in der damaligen Fußball-Oberliga auf dem Sportplatz Jahnhöhe und den damaligen Gegnern wie HSV, Werder Bremen und Hannover 96 gute Leistungen. 1957 erwarb Werner Weiß die Trainerlizenz und führte zahlreiche Mannschaften aus Harburg Stadt und Land zu Meistertiteln. Sein Motto war so simpel wie erfolgreich: "Mir war stets wichtig, dass ich als Trainer ein gutes Verhältnis zu den Spielern habe", sagte "Seppel" Weiß einmal.
Mehr als 25 Jahre lang trainierte der gebürtige Hamburger auch "schwere Jungs". Das Projekt "Fußball für Strafgefangene" führte ihn hinter die Mauern der JVA Fuhlsbüttel - im Volksmund kurz "Santa Fu" genannt. Warum seine Kicker einsaßen, interessierte Werner Weiß nicht. "Ich wollte gar nicht wissen, was wer Einzelne auf dem Kerbholz hatte. Möglicherweise hätte ich noch angefangen, darüber nachzudenken", sagte der pensionierte Beamte. Vielmehr konzentrierte er sich auf den Fußball und hatte auch abseits des Platzes stets ein offenes Ohr für die Gefangenen. Er erzählte einmal: "Eines Tages war ich in Harburg unterwegs, als plötzlich ein Mann auf mich zukam und mich umarmte. Als ich ihn einigermaßen überrascht ansah, sagte er: "Mensch Trainer, erkennst Du mich denn gar nicht mehr? Ich bin doch einer der früheren Kicker aus Santa Fu."
Für sein jahrzehntelanges Engagement im Sport als Trainer und für den Hamburger Fußball-Verband (HFV) im besonderen war Werner Weiß mehrmals ausgezeichnet worden. Er erhielt vom damaligen Hamburger Bürgermeister Ole von Beust für seine Verdienste um das Gemeinwohl auch die "Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes" sowie vom HFV die Goldene Ehrennadel des Fußballverbands.
In Meckelfeld war "Seppel" Weiß seit vielen Jahren ein bekanntes Gesicht. Er kickte noch zu seinem 83. Lebensjahr noch für das örtliche Team. Seit mehr als 30 Jahren fungierte er außerdem als Sportabzeichen-Abnehmer und leitete beim TV Meckelfeld - wenn Not am Mann war - auch schon mal die Damengymnastik-Gruppe.