Karoxbostel. Nun neigt sich dieses besondere Karoxbosteler Mühlenjahr dem Ende zu. Im vergangenen Jahr um diese Zeit hatten Emily Weede und ihre Mitstreiter noch gedacht, dass das Jahr 2018 ein etwas ruhigeres Mühlenjahr werden würde. Emily Weede: "Wir hatten schließlich unsere offizielle Einweihung und 200 Jahre Mühle gefeiert, den Landespreis für Denkmalpflege gewonnen, wir waren als außerschulischen Lernstandort in einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) vom Kultusministerium zertifiziert worden, hatten einen Kultursommer mit vielen „Glücksmomenten“ erlebt und unser Müllermeister Franz hatte den Bürgerpreis des Landkreises 2017 erhalten. Aber manchmal kommt es anders als man denkt."
Im Januar hat das Weede-Team die Mühle und die ganze Region wieder bei der Grünen Woche in Berlin vertreten und die BNE-Lehrerin Yasmin Jonitz hat ihre Arbeit aufgenommen. Yasmin Jonitz koordiniert die vielen Angebote des außerschulischen Lernstandorts in einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Viele Klassen und Kindergärten aus Seevetal, den Nachbargemeinden und Hamburg haben 2018 diese Angebote wahrgenommen. Ob im Bach, auf der Streuobstwiese, in der alten Küche oder in der Mühle - der Mühlenhof ist dafür gemacht, Kindern nachhaltige Bildung mit viel Spaß zu vermitteln. Emily Weede: "Unser ehrenamtliches BNE-Team hat sich unglaublich in diese Veranstaltungen samt Fortbildungen reingehängt."
Im März wurde ein Storchenmast aufgestellt. Allerdings waren Initiatoren offensichtlich etwas zu spät dran. Der Storchenmast wurde zwar inspiziert und es wurde auch schon Probe gesessen aber richtig bezogen ist er noch nicht. Also heißt es warten aufs neue Jahr. Im Februar wurden auch zwölf viel zu groß gewordene Fichten gefällt. Sie hatten die Reste des alten Obstgartens überwachsen. Emily Weede: "Wir waren überrascht, wie viele Obstbäume noch zum Vorschein gekommen sind. So gibt es jetzt nicht nur Karoxbosteler Mühlenhonig, sondern auch Karoxbosteler Apfelsaft. Die Gemeinde Seevetal hat uns sehr großzügig die Anschaffung von Mostpressen und weiterem nötigen Zubehör gefördert."
Bei der Vergabe der Kultursommerpreise ist das Gemeinschaftsprojekt „Mühlenrunde“ zusammen mit den Wassermühlen Moisburg und Holm vom Landkreis Harburg und der Sparkasse Harburg-Buxtehude ausgezeichnet worden. Mit dem Oldtimer-Bus zu allen drei Wassermühlen zu fahren, hat große Resonanz gefunden, auch die musikalische Begleitung im Bus war toll.
Ende März wurde den Karoxbostelern eine große Ehre zuteil: Die Vorsitzende Emily Weede wurde mit dem Niedersächsischen Verdienstkreuz ausgezeichnet. Gefeiert wurde das natürlich zusammen auf der Mühlentenne. Im März startete auch das Bauprojekt „ Wiederherstellung des Wasserantriebs der Sägerei“. Hierbei ging es um den Bau der 33 Meter langen Antriebswelle vom Mühlrad zum Sägekeller und die Wiederherstellung der Treppe am Mühlengebäude.
Bei diesem Projekt war Eile geboten. Es mussten die überraschend zur Verfügung stehenden Leader-Mittel bis zum Sommer abgerufen werden. Die Bingo-Umweltstiftung und die Niedersächsische Sparkassenstiftung sowie das Amt für regionale Landesentwicklung in Lüneburg haben sehr schnell gearbeitet, so dass die Mühlenretter tatsächlich die nötige Summe von 40.000 Euro für die Welle und die Treppe am Mühlengebäude zusammen bekommen haben. Die Treppe wurde von Firma Koppermann aus alten Granitstufen gebaut. Auch die Welle konnte fristgerecht vom Mühlenbaubetrieb Pätzmann aus Winsen fertiggestellt werden. Emily Weede: "Nun sind wir wieder eine echte Sägemühle!"
Passend hierzu wurde auch der alte Mühlenfahrstuhl restauriert. Die Sägetruppe und allen voran Claus haben sich hier reingefuchst und gleich noch einen Fachartikel für den „Mühlstein“ geschrieben. "Auch der Generator wird im Moment in Stand gesetzt, Mühlenfreund Volker aus Hannover hat es in die Hand genommmen", sagt Emily Weede. "Diese drei Projekte zeigen wieder einmal, dass man manchmal schnell sein muss, manchmal jedoch auch warten muss, bis der richtige Zeitpunkt und vor allem die richtigen Personen da sind."
Emily Weede: "2018 haben wir 30 kulturelle Veranstaltungen an unserer Schönen gehabt. Von diesen Veranstaltungen ist nur die Mühlenrunde bezuschusst worden – und zwar mit dem Preisgeld des Kultursommerpreises. Egal, wer an unserer Schönen auftritt - ob Sinfonieorchester, Deutschlands bekanntester Ornithologe und Tierstimmenimitator Dr. Uwe Westphal, die Karoxbosteler Kriminacht, Kunstausstellungen, Theaterstücke oder Chorkonzerte – wir müssen uns immer wieder kneifen, wenn wir an 2012/13 denken: hüfthoch Mist, offene Dächer, eingestürzte Wände und Decken. Und heute genießen unsere Besucher Kultur vom Feinsten in genau denselben Räumen, umsorgt von unglaublich engagierten und motivierten Mühlenrettern, die auch die großen Veranstaltungen wie den Mühlentag, den Tag des offenen Denkmals und den Adventsmarkt tragen und so unvergleichlich machen! Dieses Engagement und diese Fröhlichkeit trotz aller Schwierigkeiten hat sicherlich auch mit zu der ganz besonderen Ehre und Auszeichnung in diesem Jahr beigetragen."
Emily Weede erinnert sich: "Alles fing wie ein ganz normaler Sonnabend morgen an. Mein nn Carsten und ich waren auf dem Weg zum Mühlenputz. Carsten warf noch einen kurzen Blick auf die Post und sagte nur: „Schatz, den Brief solltest du noch aufmachen.“ Der Absender lautete: „Die Beauftragte der Bundesregierung für Medien und Kultur.“ Unserem Verein Wassermühle Karoxbostel e.V. war vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz der Deutsche Preis für Denkmalschutz verliehen worden!" Zur Verleihung des Preises in Straßburg sind die Karoxbosteler mit 33 Mühlenfreunden gefahren. Die Übergabe der Silbernen Halbkugel im Kaiserpalast und die Laudatio des Jury-Vorsitzenden Werner von Bergen waren echte Gänsehautmomente und sie bleiben unvergesslich. Emily Weede: "Eins haben wir in Straßburg auch gemerkt: Wir sind wirklich anders. Oder, wie sagte der Laudator: In Karoxbostel wurde kein Denkmal, sondern ein „Lebmal“ geschaffen."
Natürlich wurde dieser Preis nicht nur in Straßburg gefeiert, sondern auch mit allen Mühlenfreunden an der Schönen daheim - sehr bodenständig mit Erbsensuppe aus der Gulaschkanone und einer ebenfalls sehr unter die Haut gehenden Rede von Landrat Rainer Rempe.
Zimmerer Andreas Brauel und seine Männer haben das Kunststück fertiggebracht, das Schleppdach an das Schweinehaus punktgenau bis zum Adventsmarkt am 8. Dezember fertigzustellen. Das war eine echte Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass die Baugenehmigung erst Ende November erteilt worden ist. Auch bei diesem Projekt hat die Gemeinde mit Fördergeldern geholfen. So konnte dem Vorhaben auch das doch sehr durchwachsene Wetter nichts anhaben. Der Adventsmarkt war schön und wurde ebenfalls ein riesiger Erfolg.
Kurz vor Weihnachten haben die Präsidentin des Landesamts für Denkmalpflege Dr. Christina Krafczyk und Oberkonservator Dr. Klaus Püttmann die Mühle besucht. Die Präsidentin wollte das Projekt kennenlernen und gemeinsam mit Seevetals Bürgermeisterin Martina Oertzen und Karoline Kleinert vom Landkreis Harburg, das neue niedersächsische Denkmalschild an der Mühle in Karoxbostel montieren.
Es war ein interessanter, sehr informativer Besuch. Präsidentin Christina Krafczyk: „Karoxbostel ist irgendwie anders, einfach verrückt.“ In diesem Jahresrückblick kann nur ein Bruchteil der Aktivitäten dieses Jahres Erwähnung finden. Die Wassermühle Karoxbostel ist wahrlich zu einem lebendigen Ort der Begegnung geworden.