Buxtehude. Aufarbeitung der eigenen Geschichte: Ein halber laufender Meter, in diesem Fall acht Archivmappen oder schlicht rund 3.200 Seiten aus handgeschöpftem Papier; das Stadtarchiv der Hansestadt Buxtehude lässt diese „Zeitzeugen“ zu den Hexenprozessen (1540-1644) restaurieren.
Bei der Übergabe der sechs Aktenmappen an die Hamburger Restauratorin Gudrun Kühl zeigte sich Stadtarchivarin Eva Drechsler erfreut: „Wenn wir die Akten zurück bekommen, haben wir ganz tolles Archivmaterial zur Verfügung.“ Forscher können dann mehr Licht in das dunkle Kapitel der Buxtehuder Geschichte bringen. Denn noch lange nicht sind all die zum Teil in Mittel-Niederdeutsch verfassten Akten in ihrer Umfänglichkeit erforscht. Zuletzt waren sie wegen der Gesundheitsgefährdung (Schimmelpilz) der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.
Das 16. und 17. Jahrhundert galt als Hochzeit der Hexenprozesse in Deutschland. Doch nicht nur im katholisch geprägten Süden des deutschsprachigen Raums wurden Frauen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, sondern auch im Norden. 21 Frauen waren in Buxtehude der Hexerei und Zauberei angeklagt, 15 nach grausamer Folter hingerichtet, davon 13 durch Verbrennen. Diese Kapitel hatte bereits Drechslers Vorgänger Bernd Utermöhlen aufgeschlagen und den Hexenprozessen in Buxtehude eine Abhandlung im 2015 erschienenen „Heimatliches Buxtehude“ gewidmet. Im November 2017 folgte die Enthüllung des von Michael Jalowczarz erschaffenen Mahnmals zur Erinnerung an die Opfer der Buxtehuder Hexenprozesse.
Die Restaurierung der Akten ist notwendig, weil die Papiere durch ihr hohes Alter und einen frühere Wasserschäden gelitten haben: Risse, Fehlstellen und gar Schimmelbefall waren die Folge. Zwar gibt die Restauratorin bei der Übergabe Entwarnung: Bei der fachgerechten derzeitigen Lagerung wächst der Schimmel nicht weiter, aber wenn die Akten der Nachwelt erhalten bleiben sollen, müssten diese nun gereinigt und restauriert werden, dann halten sie sich „mindestens nochmal solange“, so Kühl.
Voraussichtlich Ende Mai kehrt der halbe laufende Aktenmeter mit brisantem Inhalt zurück in den Stavenort. Die Restaurierung kostet knapp 7.000 Euro. Die Hälfte – 3.500 Euro – stiftete die Sparkasse Harburg-Buxtehude.
Opfer der Buxtehuder Hexenprozesse 1540-1644:
1540 Metcke Wildenbrockes, „gerechtfertiget“ (= bestraft) ,1545 Metcke Wildenbrockes, hingerichtet, 1555 Gesche Kahlen, hingerichtet, Ahlcke Rolapp, „gerechtfertiget“ (= bestraft), Gretcke Timmen, „gerechtfertiget“ (= bestraft), 1556 Ahlcke Hedendorp, hingerichtet durch Verbrennen, Margareta Bicker, Frau des Bürgermeisters Segebade Bicker, hingerichtet durch Verbrennen, 1558 Namentlich nicht genannte Frau, hingerichtet durch Verbrennen, 1588 Ilsabe Meyers, hingerichtet durch Verbrennen, 1590 Gretje Wüppers, hingerichtet durch Verbrennen, 1598 Gesche Meyers, hingerichtet durch Verbrennen, Ahleke Hagens, hingerichtet durch Verbrennen, 1607 Wöbcke Richers, hingerichtet durch Verbrennen, 1608 Gesche von Schleiseln, hingerichtet durch Verbrennen, Becke Lohmanns, hingerichtet durch Verbrennen, Catharina Möllers, hingerichtet durch Verbrennen, 1609 Wummel Dickgreve, der Zauberei verdächtigt, Prozessausgang nicht belegt, 1613 Anne Ropers, Verfahren aus Mangel an Indizien nicht fortgeführt, 1614 Becke Kruse, hingerichtet durch Verbrennen, Ilse Dede, aus der Stadt gewiesen, 1625 Else Meyer, hingerichtet durch Verbrennen, 1643-1644 Elisabeth Hessel angeklagt, Prozessausgang nicht belegt
Der Aufsatz zum bisherigen Forschungsstand von Bernd Utermöhlen: Hexenprozesse in Buxtehude, Heimatliches Buxtehude, Bd. VII, Buxtehude 2015, S. 161-180., kann im Stadtarchiv eingesehen oder erworben werden.