Kakenstorf. Das Vorblattlose Leinblatt ist so unscheinbar wie sein Name – und wird oft achtlos übersehen: Doch es ist eine Rarität. In ganz Deutschland sind gerade einmal vier Fundorte bekannt, in Niedersachsen ist das Sandelholzgewächs nur an einem einzigen Ort zu finden: in der Bötersheimer Heide im Estetal. Und auch andere geschützte Arten sind an der Este zu Hause. Damit dieser besondere Lebensraum erhalten bleibt, weist der Landkreis Harburg dieses Kleinod als Natur- und Landschaftsschutzgebiet aus. Das anstehende Verfahren sowie die Möglichkeiten der Beteiligung stellt die Untere Naturschutzbehörde bei einer Informationsveranstaltung am Donnerstag, 25. Juli, ab 18.30 Uhr im Landgasthof Estetal in Kakenstorf vor.
Die Este, ein linker Nebenfluss der Elbe, entspringt bei Wintermoor an der Chaussee im Landkreis Heidekreis und fließt dann nach Norden. Der Heidebach führt aber erst ab Cordshagen dauerhaft Wasser und mündet schließlich bei Cranz im Landkreis Stade in die Elbe. Entlang des Flusses gibt es viele Naturschönheiten zu entdecken. Das europäische Fauna-Flora-Habitat (FFH) -Gebiet „Este, Bötersheimer Heide, Glüsinger Bruch und Osterbruch“ erstreckt sich im Landkreis Harburg von Welle bis Moisburg. „Das Gebiet ist Teil des europäischen Netzes zusammenhängender Schutzgebiete „Natura 2000“ und leistet einen wichtigen Beitrag zum länderübergreifenden Schutz gefährdeter wildlebender und heimischer Pflanzen- und Tierarten sowie ihrer natürlichen Lebensräume“, sagt Jochen Heuser von der Unteren Naturschutzbehörde.
Um diesen 932 Hektar großen Bereich entsprechend den Vorgaben der Europäischen Union (EU) zu sichern, wird das in vier Abschnitte unterteilte Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Estetal“ ausgewiesen. Es umfasst einen in großen Teilen naturnahen Estetalabschnitt mit umliegenden Auenbereichen, in dem seltene und bedrohte Arten zu Hause sind. Der Fischotter gehört dazu, Meer-, Fluss- und Bachneunauge und die Grüne Keiljungfer – und eben das Vorblattlose Leinblatt. Erstmals im Jahre 1849 erwähnt, befindet sich in der Bötersheimer Heide der letzte von ehemals zehn niedersächsischen Fundorten. Diese unscheinbare Pflanze verbreitet sich über Ameisen und ist in der Lage, Nährstoffe von anderen Pflanzen abzuzweigen. Sie besiedelt sandige, saure und wärmebegünstigte Standorte auf Heiden und Magerrasen.
Entlang der Gewässerläufe finden sich in der Esteniederung außerdem Erlen-Eschenauwälder, die europaweit ebenfalls vom Verschwinden bedroht sind. Auch die Grünland-, Heide- und Moorgebiete besitzen vielfach eine europarechtliche Bedeutung.
Die Informationsveranstaltung ist der Startschuss für das weitere Verfahren, in das sich außer den Politikern auch die Vertreter von Verbänden und die Bürgerinnen und Bürger einbringen können. Dazu werden die Pläne öffentlich und im Internet ausgelegt. Der Entwurf der Verordnung mit der Begründung und die dazugehörigen Karten werden im Zeitraum vom 22. Juli bis zum 20. September bei der Samtgemeinde Tostedt, der Samtgemeinde Hollenstedt und der Stadt Buchholz ausliegen. Zeitgleich können die Unterlagen ab dem 22. Juli auch im Internet unter www.landkreis-harburg.de/nlsgestetal eingesehen werden.
Anregungen und Bedenken können bei der Samtgemeinde Tostedt, der Samtgemeinde Hollenstedt, der Stadt Buchholz und beim Landkreis Harburg sowie per E-Mail (
Hintergrund: Die Este ist eines der sogenannten 14 Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Schutzgebieten, die der Landkreis Harburg im Rahmen des Programms „Natura 2000“ der Europäischen Union unter besonderen Schutz stellt. „Natura 2000“ ist ein zusammenhängendes, länderübergreifendes ökologisches Netz von Schutzgebieten in Europa, um natürliche und naturnahe Lebensräume sowie gefährdete wildlebende Tiere und Pflanzen zu schützen und zu erhalten. Die Europäische Gemeinschaft hat im Mai 1992 einstimmig den Beschluss für die Verbesserung der gemeinschaftlichen Naturschutzpolitik gefasst. Grundlage des Netzes „Natura 2000“ ist die sogenannte FFH-Richtlinie. Das Kürzel FFH steht für Fauna (Tierwelt), Flora (Pflanzenwelt), Habitat (Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten). Zentrale Bestimmung der FFH-Richtlinie ist: Jeder Mitgliedstaat muss Gebiete benennen, erhalten und gegebenenfalls entwickeln, die für gefährdete Lebensräume und Arten wichtig sind. Das Netz von Schutzgebieten erstreckt sich über 18 Prozent der Landflächen und sechs Prozent des Seegebietes der Europäischen Union. Es ist damit das weltweit größte koordinierte Netzwerk von Schutzgebieten. Im Landkreis Harburg umfassen die Natura-Flächen rund 16.256 Hektar und damit rund 13 Prozent der Kreisfläche.