Harburg. Nach Monaten zähen Ringens und dem Ende der Großen Koalition wurde auf der Sondersitzung der Bezirksversammlung am Montag endlich gewählt: Mit 26 Stimmen (22 Neinstimmen und eine Enthaltung) wurde Sophie Fredenhagen zur neuen Bezirksamtsleiterin gewählt. Sie tritt damit die Nachfolge des verstorbenen Bezirksamtsleiters Thomas Völsch an.
Für die Wahl Fredenhagens hatte sich ein Wahlbündnis aus SPD, Linken und Grünen zusammengefunden. Das pikante am Wahlergebnis: Zusammen haben diese drei Fraktionen 29 Stimmen in der Bezirksversammlung. Da der SPD-Abgeordnete Arend Wiese am Montag nicht anwesend war, müssen also mindestens zwei Abgeordnete des Wahlbündnis nicht für Fredenhagen gestimmt haben. Aus welcher der drei Fraktionen die Stimmen fehlen, weiß man nicht, die Wahl ist geheim. Aber schon im Vorwege gab es innerhalb der SPD Vermutungen, dass nicht alle eigenen Abgeordneten mitziehen würden (besser-im-blick berichtete: Rot-Rot-Grünes Bezirksamtsleiterin-Wahlbündnis steht).
„Ich bin froh, dass es über die Bühne gegangen ist – wenn auch mit der knappsten aller Mehrheiten“, so SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath. „Wir haben jetzt endlich einen guten Abschluss gefunden und ich hoffe, dass die unsägliche Debatte mit persönlichen Angriffen endlich aufhört.“ Ebenso sehen es die beiden Partner für die Wahl Fredenhagens, Linke und Grüne. „Frau Fredenhagen hat als ehemalige Leiterin des Jugendamtes fundierte Kenntnisse über Harburg“, so der Linken-Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann über die neue Frau an der Spitze des Bezirks.
Gar nicht glücklich zeigt sich dagegen die CDU. „Wir sind begeistert, dass das Verfahren beendet ist, wir sind entsetzt über die gewählte Person - wir halten nichts von ihr“, poltert der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer gegenüber besser-im-blick. Sophie Fredenhagen habe keine Ahnung von Stadtplanung oder anderen wichtigen Bereichen für Harburg. Diese Begründung lassen die Fredenhagen-Befürworter aber nicht gelten. Kein Bezirksamtsleiter vorher habe von Anfang an in allen Bereichen Kompetenz gehabt, stellt Jürgen Heimath fest. Jörn Lohmann von den Linken hält in dieser Frage eine Erkenntnis für die CDU bereit: „Wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende Fischer bemängelt, dass Frau Fredenhagen nicht von Anfang an in allen Ressorts fundierte Kenntnisse hat, dann müssen wir ihm mal eine Illusion nehmen: Herr Fischer, die eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht!“ Außerdem habe die CDU mit Torsten Meinberg schon einmal einen in der Verwaltung gänzlich Unerfahrenen zum Bezirksamtsleiter gemacht.
Zu den fehlenden Stimmen hat Ralf-Dieter Fischer auch eine Meinung. „Der Fredenhagen-Wahlverein hat ja noch nicht einmal eine eigene Mehrheit zusammenbekommen. Nur 26 Stimmen, unter denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Stimme von der AfD oder den Neuen Liberalen ist.“ In der SPD, so Fischer, sei Druck ausgeübt worden, damit die Abgeordneten der Wahl Fredenhagens zustimmen. „Es war streckenweise jämmerlich, was sich da gestern abgespielt hat - wie gestandene Abgeordnete da teilweise rumgestammelt haben“, berichtet Fischer seinen Eindruck von der Sitzung.
Nach der Wahl geht in der Bezirksversammlung nun bis zum Ende der Legislatur mit wechselnden Mehrheiten weiter. Denkbar sind dabei auch gemeinsame Aktionen von CDU und Linken. „Wir hätten auch in der Vergangenheit schon Anträgen der Linken zugestimmt, aber in der großen Koalition wollte die SPD wollte nicht. Sie wollten nicht links überholt werden“, begründet Fischer das Verhalten der CDU in der Vergangenheit.