Harburg. Seit Jahren ist das Thema Video und Live Stream aus der Bezirksversammlung Harburg ein Streitthema. In der Coronazeit, in der auch in Harburg kaum Ausschüsse tagen, die Bezirksversammlung durch den Hauptausschuss ersetzt wird und das alles ohne Öffentlichkeit, möchte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) die Möglichkeit eröffnen, die Politik mittels eines Live Streams zu den interessierten Bürgern nach Hause zu bringen. Die Bezirke Wandsbek und Mitte sind schon dabei.
In Harburg gestaltet sich das Unterfangen allerdings schwierig. Das nervt einige Politiker, die sich schon lange für eine größere Digitalisierung, darunter eben auch Live Stream und Videoübertragung, einsetzen. Wie Viktoria Ehlers, Fraktionsvorsitzende der FDP. „Die Umsetzung der Live-Übertragung der Bezirksversammlungssitzungen hat Priorität“ so Ehlers. „Wir sollten den coronabedingten Digitalisierungsschub nicht verpassen!“ Es sei jetzt die Gelegenheit, eine umfangreiche und auch dauerhafte Digitalisierung voranzutreiben, findet die FDP. Die Gesellschaft sei bereits stark technikaffin, es würde zunehmend papierlos gearbeitet und in den letzten Wochen habe sich in vielen Unternehmen das Homeoffice bewährt. Die dadurch geschaffene Flexibilität leiste einen wichtigen Beitrag zur Work-Life-Balance der Bürgerinnen und Bürger.
Auch andere Fraktionen sehen die Übertragung der Sitzungen per Live Stream positiv. „Wir als Linke fordern das schon lange“, so Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE.. „Gerade in der jetzigen Zeit ist es wichtig, dass durch einen Live-Stream Öffentlichkeit hergestellt wird. Und dann muss man mittelfristig schauen, wie es vom Bürger angenommen wird.“
Aber es gibt auch Widerstand. Seit Beginn der Diskussion um Live-Stream und auch Videoaufzeichnungen durch die Medien verhindert maßgeblich die SPD-Fraktion dieses. So scheiterte eine Änderung der Geschäftsordnung der Harburger Bezirksversammlung immer wieder an ihrem Widerstand. In Harburg sind (als einziger von den sieben Hamburger Bezirken) Videoaufzeichnungen explizit verboten.
Allerdings kommt die größte Fraktion im Harburger Rathaus durch die Offensive ihres Finanzsenators nun in Bedrängnis. „Livestreams sind nach der Gesetzesänderung durch die Bürgerschaft allgemein zulässig. Derzeit wird noch nach einem einheitlichen Dienstleister für alle Bezirke gesucht“, so Frank Richter, Fraktionsvorsitzender der SPD. Der Hauptausschuss, so Richter weiter, müsse, in Vertretung der Bezirksversammlung, darüber entscheiden. Die SPD-Fraktion werde dazu am 18. Juni beraten.
Richter macht aber nicht viel Hoffnung darauf, dass die Harburger mehr darüber erfahren können, was die von ihnen gewählten Politiker beraten: „Allerdings wird es meines Erachtens erforderlich sein, dass alle 51 Abgeordnete derartigen Übertragungen zustimmen, da jeweils ihre Persönlichkeitsrechte betroffen sind, über die nicht mit Mehrheit entschieden werden kann. Insoweit ist gegebenenfalls noch Überzeugungsarbeit notwendig.“ Und warum sind die Bezirke Wandsbek und auch Mitte schon fleißig am streamen? Wo doch noch so viel zu klären sei?
Die FDP geht sogar noch einen Schritt weiter. Nicht jeder, der gerne an einer Sitzung im Harburger Rathaus teilnehmen möchte, finde auch die Zeit dazu. Manchmal sei es auch Abgeordneten, auf Grund von langen Arbeitstagen oder Verpflichtungen gegenüber der Familie, nicht möglich persönlich zu erscheinen. Deswegen sei es wichtig, eine digitale Arbeit der Gremien der Bezirksversammlung zu ermöglich. Das käme gleichzeitig berufstätigen Abgeordneten mit kleinen Kindern entgegen. „Dadurch können wir Politik und politisches Engagement attraktiver machen und auch etwas gegen die Politikverdrossenheit tun“, sagt Viktoria Isabell Ehlers.