Kommentar. Ich bin sehr froh, dass es nicht – wie prognostiziert – einen Wintereinbruch wie zum Jahreswechsel 1978/79 gegeben hat. Warum? Weil ich mittlerweile befürchte, dass wir dann alle tot wären. Zumindest viele. Zu dieser Erkenntnis komme ich, wenn ich mir das sogenannte Krisenmanagement in wichtigen Bereichen der Pandemiebekämpfung in der Stadt anschaue. Dort herrscht selbst eine Krise.
Was die Sozialbehörde in den vergangenen Tagen gerade in Sachen Schnelltests abgeliefert hat, ist zum großen Teil unterirdisch. Hat sich bis vor einer Woche noch keiner über diese jemals Gedanken gemacht?
Besonders – und dabei bleibe ich – wurde und wird der Bezirk Harburg stiefmütterlich behandelt - wie so oft. Angefangen damit, dass er auf der ersten Liste an Testzentren von Samstag überhaupt nicht vorkam.
Am Dienstag kam dann von der Sozialbehörde eine Mitteilung, dass es im Bezirk Harburg sechs Apotheken gebe, die Schnelltests anbieten würden. Dazu jeweils auf dem „Harburger Rathausmarkt“ (Originalzitat – wir haben hier einen Rathausplatz) und dem Neugrabener Markt ab voraussichtlich Mittwoch in Bussen getestet würde. Und zu guter Letzt an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) ein Schnelltestzentrum am Donnerstag eröffnet würde.
Nachdem besser-im-blick diese guten Nachrichten veröffentlich hatte erreichte uns zwei Stunden später ein Anruf der TUHH. Ein Testzentrum würde es dort nicht und schon gar nicht ab Donnerstag geben. Es bestehe noch Klärungsbedarf.
Am Mittwoch stellte sich heraus, dass mindestens zwei der sechs Apotheken (noch) keine Schnelltest anbieten. Die Busse gab es nicht - erst ab Donnerstag stand ein Bus auf dem Rathausplatz. Und die Pressestelle der Sozialbehörde gab uns auf unsere Nachfragen zum Testzentrum an der TUHH flapsig zur Antwort, dass sie dazu nichts sagen könne. Da müssten wir uns an den privaten Anbieter wenden.
Um Klarheit zu schaffen, wollten wir am heutigen Donnerstag von der Sozialbehörde per Mail wissen:
1. Welche Testmöglichkeiten (Apotheken, Ärzte, Testzentren, mobile Testmöglichkeiten) gibt es jetzt schon im Bezirk? 2. Welche Testmöglichkeiten stehen schon für die Zukunft fest? 3. Welche Testmöglichkeiten sind in der Diskussion? 4. Von wem werden die jeweiligen Testzentren bzw. mobilen Testmöglichkeiten betrieben? 5. Warum spielt bisher das für Heimbesucher von den Johannitern betrieben Testzentrum in der ehemaligen Fegro keine Rolle gespielt hat? |
Letztere Frage ist insofern von Bedeutung, als dass die Johanniter in der ehemaligen Fegro in der Schlachthofstraße ein Testzentrum für Heimbesucher hatten, das aber laut Webseite am 7. März geschlossen wurde.
Die Antwort der Sozialbehörde kam fünf Minuten später:
„eine Übersicht der Standorte finden Sie jeweils aktuell unter https://www.hamburg.de/corona-schnelltest. Es gibt unterschiedliche Betreiber bzw. Anbieter. Hinzu kommen die Arztpraxen, die ein Schnelltestangebot machen. Welche das sind, unterscheidet sich z.T. von Tag zu Tag, daher ist die Buchung online unter eterminservice.de oder unter 116117 sinnvoll. Weitere Testmöglichkeiten sind in Planung und werden jeweils ergänzt, wenn die Planungen konkretisiert sind.“ |
Abgesehen von der auch hier flapsigen Art und Weise der Antwort:
1. Auf der Standortübersicht ist sowohl das zum Zeitpunkt nicht existente Testzentrum an der TUHH eingezeichnet, als auch eines auf dem Rathausplatz sowie auf dem Neugrabener Markt. Aktueller Stand ist aber, dass es nur einen Bus auf dem Rathausplatz gibt, der ab kommender Woche täglich pendelt.
2. Offensichtlich hat die Sozialbehörde keine Übersicht, wer an privaten Anbietern hier in der Stadt offizielle Testzentren leitet oder ist nicht in der Stimmung, die der Presse mitzuteilen.
3. Kann oder möchte die Sozialbehörde nichts zu geplanten Testzentren sagen, was die Verärgerung der Bürgerinnen und Bürger südlich der Elbe wahrscheinlich mindern würde?
4. Weiß die Sozialbehörde vielleicht auch gar nicht, dass es ein Testzentrum der Johanniter in der ehemaligen Fegro gegeben hat?
Das Krisenmanagement an vorderster Front steckt offensichtlich in der Hansestadt selbst in der Krise. Das traurige daran: Wahrscheinlich könnte die Behörde sogar ein besseres Bild abgeben, als sie es gerade tut. Durch bessere und transparente Kommunikation. Durch die Herausgabe nachprüfbarer Fakten und nicht Fiktionen von angeblich existierende Testmöglichkeiten. Aber so wird das Wohlwollen der Menschen für die Pandemiemaßnahmen verspielt.
So bestätigt sich wieder einmal eines: Der Hamburger Süden ist abgehängt. Wohlgemerkt, und das macht einige Bürgerinnen und Bürger hier besonders wütend, von einer Behörde, deren Leiterin Dr. Melanie Leonhard aus dem Bezirk kommt. Und insgesamt, dass das Krisenmanagement der wichtigsten Behörde zur direkten Pandemiebekämpfung dazu nicht in der Lage ist, wie es sein müsste.