„Causa Rieckhof“ wird zur „Causa Bezirksamt“: Schweigen, Intransparenz, Angst und Unwahrheiten – der politische Stil aus dem Harburger Rathaus
Harburg. Die „Causa Rieckhof“ wird zunehmend zur „Causa Bezirksamt“. Denn immer offensichtlicher wird, wie autokratisch und intransparent es hinter den Mauern von Harburgs Rathaus zugeht. Journalisten sollte der Zugang zur Übergabe der Unterschriften der „Petition zum Erhalt des Rieckhof in seiner jetzigen Form“ verweigert werden und dass Rieckhof -Geschäftsführer Jörn Hansen an der Übergabe teilnahm, wurde von Harburgs „Kultur-Dezernentin“ Dr. Anke Jobmann als „respektlos“ bezeichnet – nachdem die Kameras aus waren. Für beide Vorfälle gibt es Zeugen.
Wunschdenken wider die Realität
Kein Grund für das Bezirksamt, beiden Vorkommnissen zu widersprechen. „Dieser Darstellung können wir nicht folgen und widersprechen dieser entschieden“, gab der Pressesprecher des Bezirksamtes, Dennis Imhäuser, auf Nachfrage von besser-im-blick als Antwort dazu, dass die Presse nicht eingelassen werden sollte. Die Teilnahme des Rieckhof-Geschäftsführers sei nicht als respektlos, sondern als „nicht respektvoll“ bezeichnet worden. Es seien nicht seine Anwesenheit an sich als unangebracht empfunden worden, sondern die Tatsache, dass er nicht vorab über seine Teilnahme informiert habe. Es seien nur Unterstützer der Petition angekündigt gewesen.
Für das Bezirksamt passe dies nicht dazu, dass Sylvester Gundelach, Initiator der Petition, im Live Stream einen „respektvollen Umgang miteinander bei unterschiedlicher Haltung zu einer Sache“ betont habe. Warum es aber „nicht respektvoll“ sein soll, wenn ein Betroffener mit zur Übergabe kommt, bleibt hinter den Türen des Rathauses verschlossen.
Live Stream nur noch ausgewähltem Publikum zugänglich
Mit Transparenz hat es die Bezirksamtsleitung auch nicht so wirklich. Der Live Stream der Übergabe bleibt auch weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern vorenthalten. Er war gleich nach Ende der Übergabe nicht mehr aufrufbar. Warum eigentlich? Auch darauf gibt das Bezirksamt keine wirkliche Antwort. Man habe mit Sylvester Gundelach ein Livestream für die Petitionsübergabe vereinbart, um den gewünschten öffentlichen Rahmen herzustellen. „Aufgrund des vorab angezeigten erhöhten öffentlichen Interesses und der möglichst breiten Beteiligung der Medienvertreter hat das Bezirksamt einen Livestream umgesetzt, damit alle Medienvertreter auch live dabei sein konnten.“
Nur: Warum dann die Presse von der realen Teilnahme zuerst ausschließen wollen? Auch ist dies kein Grund, das Video nicht mehr öffentlich zu machen. Es ist im Übrigen auch nicht gelöscht, sondern bei youtube auf „privat“ gestellt. Ausgewählte können es sich also durchaus noch anschauen – nur nicht die Bürgerinnen und Bürger.
Kulturförderung nach Gutsherrenart
Derweil werden neue Vorwürfe gegen das Bezirksamt öffentlich. Den Eklat bei der Übergabe bezeichnet die Initiative Harburger Kulturschaffender SuedKultur als „leider längst Gewohnheit“. Es herrsche „Eiszeit im Dreigestirn von Kultur, Politik und Verwaltung“, so SuedKultur-Sprecher Heimo Rademaker.
Auch hier wird nach Gutsherrenart mit den Kulturschaffenden umgesprungen. „Als wir schon im vergangenen Sommer, im Mai 2020, in einem Offenen Brief bemängelten, dass die vielen ungeförderten Kulturschaffenden im Bezirk Harburg erst recht in der Pandemie im Stich gelassen wurden, wurden wir prompt und regelrecht vorgeladen. Man sagte uns, dass wir nicht einfach einen offenen Brief versenden könnten. Der müsse vorab abgestimmt werden“, berichtet Heimo Rademaker. „Das wäre ja aber entgegen jeden Sinnes eines offenen Briefes!“
Dass kein Geld da sei, kenne man ja, so Rademaker. Auch wenn der Stadtteilkulturetat seit Jahren nicht ausgeschöpft werde. „Und weil ich anmerkte, dass ich unsere Unzufriedenheit auch gegenüber der Kulturbehörde kundtat – denn an wen soll man sich denn sonst noch wenden? – wurde mir regelrecht klar gemacht, dass ich das gar nicht dürfe“, so erinnert sich Rademaker. „Die Art und Weise wie Kultur hier in autoritäre Standards gezwungen werden soll, erinnert an tiefe 80er Jahre, als Stadtteilkultur im Grunde auch aus Protest ihre Geburtsstunde erlebte.“
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