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Meine Meinung: Warum die Umbenennung von Straßen mit Nazivergangenheit wichtig ist

| Niels Kreller | Leserreaktionen

Kommentar. Ja, es gibt dumme Fragen. Die Binsenweisheit, es gebe keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten, stimmt in seiner Absolutheit nicht. Eine, nein zwei dumme Fragen, hat Anke K. in Reaktion unseres Artikels Wegen Nazi-Vergangenheit: Albert-Schäfer-Weg soll umbenannt werdenauf facebook gestellt. Dort geht es um die von einer Expertenkommission vorgeschlagene Umbenennung von Straßennamen in Hamburg, die nach Persönlichkeiten benannt sind, die Nazidreck am Stecken haben. Wie Ausbeutung von Zwangsarbeitern, „Arisierung“ jüdischen Besitzes etc.  

Wie Albert Schäfer, Vorstandsvorsitzender der Phoenix von 1933 bis 1946. Nach ihm wurde ein Weg in Eißendorf benannt.

Es gibt sie: Dumme Fragen

Anke K. fragte nun in der facebook-Gruppe „Harburg Live“: „Herr Keller und wie heißt die Lüneburger Straße jetzt?Wird die auch unbenannt?“ Abgesehen davon, dass mein Nachname Kreller ist: 1. Heißt die Lüneburger Straße immer noch Lüneburger Straße – weiß jeder hier. 2. Warum sollte sie umbenannt werden? Die Straße ist ja nach der Stadt Lüneburg benannt worden und nicht nach einer Person Lüneburg. 3. Warum stellt Frau K. mir diese Frage?

Nun ja – nicht jeder Kommentar auf facebook zu diesem Artikel war ähnlich offen dumm wie der von Frau K (im Übrigen eine glühende AfD-Anhängerin, wenn man nach ihren Gefällt mir-Angaben geht. Honni soit qui mal y pense). Schwerer wiegt da schon die Frage, ob es keine dringenderen Probleme gebe. So beispielweise gestellt von Helmuth N. in der facebook-Gruppe Suederelbe24.de. Oder Michael V. der auf unserer facebook-Seite meint: „Genau unsere Probleme...“ In dieselbe Kategorie fallen auch die unsäglichen Lach-Emoticons.

Um es euch mal offen zu sagen: Doch es gibt andere Probleme. Um die kümmern sich auch viele Menschen. Und die haben in der Regel kein Problem mit einem kritischen Umgang mit der Nazivergangenheit. Ein Problem habt doch eher ihr damit, oder?

Verharmlosung und Relativierung der Naziverbrechen

Über Kommentare wie „So ein Schwachsinn“ von Gerrit G. in derselben Gruppe braucht man keine weiteren Worte zu verlieren. Da schon eher über den Versuch von Herrn Olaf H.-M., die Weste des Herrn Albert Schäfer reinzuwaschen. H.-M. weißt zu Recht darauf hin, dass Schäfer aktiv an der Kapitulation Harburgs beteiligt war. Und so, so möchte H.-M., vermute ich, darstellen, vielen das Leben gerettet hat. Stimmt ja auch.

Aber ob es nun seitens eines Unternehmers, der Zwangsarbeiter für den Profit seiner Fabrik eingesetzt hatte und der sich durch „Arisierung“ am Eigentum seines jüdischen Geschäftspartners bereicherte, wirklich der Wunsch nach Frieden war, der ihn dazu brachte? Oder war für den Vorstandsvorsitzenden vielleicht auch der Umstand ausschlaggebend, dass britische Granaten immer wieder auf das Gelände der Phoenix niedergingen und er sein Unternehmen retten wollte?

Werner K. findet: „Wenn er nicht mit gemacht hätte währe er in ein KZ gekommen und heute als Wiederstandskämpfer hätte man eine Straße oder einen Ortsteil nach ihn benannt,!“ Ja, hätte man dann. Schäfer war aber eben kein Widerstandskämpfer. Er hat auch einfach nicht mitgemacht. Dafür wäre er nicht ins KZ gekommen. Er hat mitgemacht, er hat sich bereichert. Und nach einem Unternehmerkollegen von ihm sind allerdings Straßen benannt worden: Oskar Schindler. Der hat nicht mitgemacht und vielen Menschen das Leben gerettet. Das ging.

Wie aber sieht es mit der Frage von Frau Jutta R. aus, die auf unserer facebook-Seite fragt, warum dann nicht auch das RKI verboten wird. Dazu liefert sie einen Link zur Website des RKI, auf der die Geschichte des Instituts in der Nazizeit kritisch aufgearbeitet wird. Und genau da liegt eben der Unterschied, den auch die Kommission beachtet hat bei ihren Empfehlungen: Während das RKI eigentätig eine Studie initiierte und finanzierte, musste sich der ehemalige jüdische Geschäftspartner von Albert Schäfer erst vor Gericht eine Wiedergutmachung von Schäfer erstreiten, der sich durch „Arisierung“ am Eigentum seines ehemaligen Geschäftspartners bereichert hatte.

Kritische Auseinandersetzung ist wichtig

Wichtig finde ich die kritischen Kommentare derjenigen, die Fragen, ob die Umbenennung nicht zu einem Vergessen der Geschichte beitragen würde. Nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Das finde ich, ist ein wirklich zu diskutierender Punkt. Auch für die Bezirksabgeordneten, die sich damit befassen werden. Umbenennung oder mittels einer Tafel unter dem Straßennamen aufklären, was Albert Schäfer während der Nazizeit getan hat.

Alles in allem zeigen die Kommentare: Die Forderung nach Umbenennung der Straßen mit Nazivergangenheit ist wichtig. Und aktuell. Und es bedarf der Diskussion darum. Denn die Verharmlosung und Relativierung der Naziverbrechen, das nicht sehen wollen, das nicht wahrhaben wollen, das sich endlich vom „Ballast der Geschichte“ befreien zu wollen, ist groß.

Auch diese Frage sollten sich die Bezirksabgeordneten bei ihren Beratungen stellen: Was ist der beste Schritt gegen diese Relativierung und Verharmlosung.

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