Projekt Königsberger Straße: Förderer besichtigen das Siedlungsdoppelhaus im Freilichtmuseum am Kiekeberg
Ehestorf. Die Geschichte des Landkreises Harburg und der Metropolregion Hamburg bekommt ihren Platz im Freilichtmuseum am Kiekeberg in Ehestorf: Im Siedlungsdoppelhaus in der „Königsberger Straße“ stellt eine neue Dauerausstellung die Entwicklung von der Flüchtlingssituation bis zum wirtschaftlichen Aufschwung und den Wechselbezügen mit der Großstadt Hamburg dar. Die Ausstellung wird von dem Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg und dem Landkreis Harburg gefördert. Ihre Vertreter machten sich jetzt ein eigenes Bild von den Baufortschritten. Das Richtfest des Siedlungsdoppelhauses wurde im März begangen, nach der umfangreichen Einrichtung der Ausstellung wird es voraussichtlich im Mai 2020 eröffnet.
In der neuen Dauerausstellung zeigt das Freilichtmuseum die Entwicklung der ganzen Metropolregion der vergangenen Jahrzehnte. Dr. Rolf-Barnim Foth, als Stabsbereichsleiter Norddeutsche Zusammenarbeit in Hamburg für die Metropolregion zuständig, ist beeindruckt: „Sie bilden hier die Ursprungsidee der Metropolregion ab – da können andere Regionen nacheifern.“
Sein Pendant auf niedersächsischer Seite, Monika Scherf, Landesbeauftragte für regionale Landesentwicklung in Lüneburg, ergänzt: „Im Freilichtmuseum am Kiekeberg ist die Ausstellung gut aufgehoben: Das Museum ist ein Besuchermagnet, und so erreichen wir viele Menschen, aus der Region, aber auch überregional.“ In der Ausstellung zur Geschichte der Metropolregion geht es um die Entwicklungen der Nachkriegsjahrzehnte: Integration von Flüchtlingen, Vertriebenen und Ausgebombten, Entwicklung zu einem florierenden Wirtschaftsraum, Kommunalpolitik und Mobilität, Heimat.
Museumsdirektor Stefan Zimmermann erläutert: „Wir stellen die Entwicklung in vielen Dimensionen dar. Was bedeutet die Metropolregion für die Bewohner? Dazu nutzen wir Zeitzeugen-Interviews und Original-Exponate und schlagen Brücken in die Gegenwart.“ Auf knapp 100 Quadratmetern werde die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik exemplarisch aufgearbeitet, hebt Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, hervor. „Unser Landkreis ist dafür besonders gut geeignet: Seine Bevölkerungszahl hat sich bis heute mehrfach verdoppelt, allein von 1945 bis 1955 wuchs die Zahl von 62.602 auf 124.397 Menschen an.“ Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, diese Entwicklungen darzustellen, sind sich alle Förderer einig: „Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war ein gravierender Einschnitt. Heute können wir anhand der Geschichte unseres Landkreises die Leistungen der ‚Aufbau-Generation‘ würdigen und Besuchern darstellen“, so Rainer Rempe weiter.
Klaus-Wilfried Kienert, Stiftungsratsvorsitzender des Freilichtmuseums, ergänzt: „So wird auch sichtbar, dass der Zuzug und die Integration von Menschen in größerer Zahl stets eine enorme gesellschaftliche Herausforderung darstellen. Nicht alle wurden damals willkommen geheißen. Sie haben dennoch beträchtlich zum Aufbau und der Wirtschaftskraft beigetragen.“
Von außen fügt sich das Ausstellungsgebäude in Gestalt eines typischen Siedlungsdoppelhauses aus den 1950ern in die neue Baugruppe ein. Alexander Eggert aus dem Projektteam der „Königsberger Straße“ sagt: „Die Ausstellung wird in eine Rekonstruktion eines Siedlungsdoppelhauses eingepasst. Wir stellen auch die Wohnungsnot in der Zeit dar: In dem relativ kleinen Haus wohnten vier Parteien, jeweils mit sieben bis acht Personen in dreieinhalb beengten Zimmern.“ Es ist wichtig, dass die Erlebnisgeneration zu Wort kommt – Zeitzeugen-Interviews werden kontinuierlich geführt und die Ausstellung damit immer wieder aktualisiert. „Und“, so ergänzt Geschäftsführerin Carina Meyer, „andere Gebäude richten wir ein, wie Bewohner in ihnen lebten. Dazu haben wir deren Original-Möbel bis hin zum Foto-Album erhalten. So können sich Besucher die Lebensverhältnisse authentisch erschließen.
Das Projekt „Königsberger Straße. Heimat in der jungen Bundesrepublik“ holt mit insgesamt sechs Gebäuden die Nachkriegszeit von 1945 bis 1979 ins Museum. In den Dörfern zeigen sich die großen Veränderungen in der Nachkriegszeit im Kleinen. „Es gibt beim Bauen und Wohnen, aber auch im gesellschaftlichen Leben große Umbrüche, die teilweise bis heute den Alltag und das Erscheinungsbild von Dörfern in ganz Deutschland und die Beziehungen zu nahen Großstädten prägen. Die ‚Königsberger Straße’ wird daher von dem Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg und dem Landkreis Harburg finanziert“, erläutert Stefan Zimmermann.
Die Dauerausstellung, die den Hintergrund für die gesamte „Königsberger Straße“ bildet, zeigt auch die Entwicklungen und Veränderungen in den wirtschaftlichen Beziehungen mit der Großstadt Hamburg, im Verkehr, in der Politik oder im Freizeitbereich. „Es ist uns ein großes Anliegen, Besuchern diese dynamische und auch widersprüchliche Zeit nahezubringen und ihnen zu zeigen, wie sehr die damaligen Aufbauleistungen auch ihr Leben beeinflussen“, ergänzt Stefan Zimmermann. „Wo immer es geht, werden wir das Heute einbeziehen, z. B. bei den Themen Flucht oder neue Lebensstile.“
Bevor die Ausstellung ab Herbst 2019 eingerichtet werden kann, wird das Gebäude, das sie beherbergt, nach alten Plänen rekonstruiert. Es entsteht ein typisches Siedlungsdoppelhaus, das zu Hunderten in den 1950er Jahren im Landkreis Harburg gebaut wurde, um die Wohnungsnot zu lindern. Die Originalpläne für das Doppelhaus am Kiekeberg stammen von einem Gebäude, das die damalige Wohnungsbaugenossenschaft des Landkreises Harburg 1958 in Maschen errichtete. Es konnten insgesamt vier Familien im Doppelhaus wohnen. Den Keller und den Stall hatten sie in Eigenarbeit zu errichten.
Die „Königsberger Straße“ besitzt bundesweite Bedeutung: Erstmals wird die Kulturgeschichte der Nachkriegszeit bis 1979 in der ländlichen Region erforscht und durch den Aufbau von Häusern und einer umfassenden Ausstellung gezeigt. Diese bundesweite Ausstrahlung verdeutlicht auch die Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in Höhe von 3,84 Millionen Euro. Das Museum wählte typische Gebäude mit aussagekräftigen Geschichten aus, die in gleicher Weise für die gesamtdeutsche Entwicklung stehen:
* eine Tankstelle,
* eine Ladenzeile mit sechs Geschäften,
* ein Siedlungsdoppelhaus und ein Flüchtlingssiedlungshaus,
* einen Aussiedlerhof, ein landwirtschaftlicher Betrieb mit hohem Technisierungsgrad außerhalb des Dorfes,
* ein Fertighaus als neuer Bautyp.
Das Freilichtmuseum am Kiekeberg baut, wenn möglich, Originalgebäude der Region an ihren Standorten ab und bringt sie ins Museum. Beim Siedlungsdoppelhaus und dem Geschäftshaus stand trotz intensiven Bemühungen kein geeignetes Gebäude für die Translozierung zur Verfügung, unter anderem weil die Substanz durch Umbauten unwiderruflich verändert wurde oder Besitzer andere Pläne mit dem Haus haben. Für die „Königsberger Straße“ rekonstruiert das Freilichtmuseum die ursprünglichen Bauten anhand der Bauzeichnungen.
Finanzierung: Zahlreiche Förderer unterstützen das einmalige Projekt „Königsberger Straße“. Ihr Ziel ist es, die kulturellen Zeugen der unmittelbaren Nachkriegszeit für die Nachwelt zu erhalten und die Aufbauleistung darzustellen. Die „Königsberger Straße“ im Freilichtmuseum am Kiekeberg wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (Bund), das Land Niedersachsen, den Landkreis Harburg, den Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg, die Stiftung Niedersachsen, die Stiftung Hof Schlüter, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die Stiftung der Sparkasse Harburg-Buxtehude, den Lüneburgischen Landschaftsverband, die Klosterkammer Hannover, die Niedersächsische Bingo- Umweltstiftung und den Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Das Gesamtprojekt ist auf 6,14 Millionen Euro angelegt.
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