Ex-Rathauschefin Sophie Fredenhagen verlässt Harburg

Harburg. Das war’s! Ex-Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen (60) steht für eine erneute Wahl als Harburger Rathauschefin nicht mehr zur Verfügung. Vielmehr wird sie eine gut dotierte Stelle in der Hamburger Sozialbehörde antreten. Das erfuhr besser-im-blick von mehreren zuverlässigen Quellen aus dem Rathausumfeld. Fredenhagen soll damit die Konsequenzen aus einer unsäglichen Hängepartie gezogen haben, verursacht durch den immer noch nicht geklärten innerparteilichen Streit in der SPD-Fraktion.
Vorläufiger Höhepunkt des Streits war (besser-im-blick berichtete: Bezirksversammlung mit dezimierter SPD-Fraktion), die November-Sitzung der Bezirksversammlung, als sieben der 15 gewählten SPD-Abgeordneten nicht erschienen, darunter Benizar Gündogdu, Mehmet Kizil, Dennis Wacker, Markus Sass und Arne Thomsen. Diese fünf Abgeordneten sollen weder zu den vorbereitenden Fraktionssitzungen noch zur Sacharbeit in den Ausschüssen angetreten sein. Kein Wunder, dass SPD, Grüne und Linke, die sich zurzeit in aussichtsreichen Koalitionsverhandlungen befinden, bisher keinen Antrag auf eine Wiederwahl von Sophie Fredenhagen gestellt haben. Mit einer rechnerischen Mehrheit von 27 Stimmen, also gerade einmal zwei mehr als nötig, wäre das Risiko zu scheitern zu groß.
Das wollte sich Fredenhagen nicht antun und hat ihre berufliche Zukunft jetzt selbst in die Hand genommen. Zurück bleiben SPD-Fraktionschef Frank Richter, dem es nicht gelungen ist, alle Mitglieder seiner Fraktion auf Linie zu bringen und ratlose Vertreter von Grünen und der Linken, die nicht wissen, ob ihre Wunschkoalition jemals zustande kommt. Denn bisher fehlt ein Verwaltungschef im Harburger Rathaus, der einen möglichen Koalitionsvertrag dann auch umsetzt.
Gestern Nachmittag war jedenfalls noch kein Kandidat und auch keine Kandidatin in Sicht. Stattdessen gab es einen gut gelaunten CDU-Fraktionschef Rainer Bliefernicht, der sich nach seinem Flop mit dem Kandidaten aus seiner Marmstorfer Nachbarschaft wieder im Aufwind sieht. Nachbar Klaus Thorwarth, Erster Richter am Hamburger Verwaltungsgericht und Ex-Genosse, hatte sich in einem Heimfelder Friseursalon um Kopf und Kragen geredet, als er sich schon als künftiger Bezirksamtsleiter präsentierte und auch keinerlei Berührungsängste mit der AfD spüren ließ. Darauf hatten sich CDU-Kreischef André Trepoll und der restliche Fraktionsvorstand in einer Pressemitteilung deutlich von Bliefernichts Kandidatenkür distanziert. Dennoch sieht Bliefernicht noch eine Chance, möglicherweise auch für Klaus Thorwarth: „Ich warte auf einen Anruf von Frank Richter.“ Ein Ziel hat Bliefernicht schon erreicht: die Verhinderung einer zweiten Amtszeit von Fredenhagen – mit kräftiger Hilfe von fünf SPD-Abgeordneten.
Wie geht es weiter? Da sich eine Person, egal ob weiblich oder männlich, die möglichst juristische Kompetenz, Verwaltungserfahrung, Erfahrung mit den „speziellen“ Harburger Verhältnissen und die dienstrechtlichen Voraussetzungen für die Besoldungsgruppe B4 hat, nicht aus dem Hut zaubern lässt, wird es wohl auf eine öffentliche Ausschreibung hinauslaufen. Mit anderen Worten: Frühestens vor der Sommerpause 2025 könnte Harburg einen neuen Bezirksamtsleiter oder eine neue Bezirksamtsleiterin bekommen.
Ob die SPD bis dahin ihren innerparteilichen Streit klären kann, ist völlig offen. Aktuell ist die verhinderte Kandidatur von Benizar Gündogdu und Mehmet Kizil für die Bürgerschaft der casus belli. Die Landespartei hatte ihnen ausgerechnet kurz vor der Kandidatenkür für drei Monate verboten, sich um Parteiämter zu bewerben. Der Vorwurf: Gündogdu und Co. hätten öffentlich behauptet, in der Harburger SPD würden türkisch-stämmige Kandidaten aus rassistischen Gründen verhindert. Insidern der Harburger SPD ist dieser Vorwurf nicht neu. Torsten Fuß, der frühere Vorsitzende des SPD-Distrikts Harburg-Ost und politische Ziehvater von Gündogdu hatte diesen Vorwurf immer wieder erhoben – zum Beispiel bei der Vorstandswahl der Flüchtlingshilfe human@human, als eine deutschstämmige Bewerberin und Gündogdu exakt gleichviel Stimmen bekam. Für Fuß war klar: Das war purer Rassismus.
Ob er da aus Einzelfällen eine Evidenz konstruieren wollte, sei dahingestellt. Auf der anderen Seite hat die Harburger SPD mit Metin Hakverdi einen äußerst beliebten Bundestagsabgeordneten, sie hatte mit Muammer Kazanci einen Vorsitzenden des wichtigen Stadtplanungsausschusses, mit Oksan Karakus eine Kreisvorsitzende. Und auch Claudia Loss, die aktuelle Kreisvorsitzende ist Halbtürkin. (ag)