Bezirksversammlung mit dezimierter SPD-Fraktion
Harburg. Nun ist der Traum von CDU-Fraktionschef Rainer Bliefernicht doch noch wahr geworden – zumindest für knapp zwei Stunden: In der November-Sitzung war seine Fraktion tatsächlich die stärkste Fraktion, so wie es sich der Nebenerwerbslandwirt aus dem Appelbütteler Tal vor der Wahl zur Bezirksversammlung sehnlich gewünscht hatte. Mit neun Abgeordneten übertraf die CDU die eigentlich stärkste Fraktion, nämlich die SPD, die es nach ihrem überraschenden Wahlsieg in Harburg immer noch nicht geschafft hat, ihre Kräfte zu bündeln.
Kurz vor Sitzungsbeginn blickten einige Genossen noch voller Hoffnung zur Saaltür. Möge sie sich doch öffnen und die „aussichtsreichen“ und „Hoffnung machenden“ (alles von so genannten Hamburger Qualitätsmedien unisono verliehene Prädikate) Nachwuchskräfte füllen die hinteren Reihe der SPD-Fraktion. Doch da kam niemand mehr. Statt 15 Abgeordneten zählte die SPD-Fraktion diesmal nur fünf Frauen und drei Männer. Eine Genossin flüsterte dem Berichterstatter noch zu: „Die sind alle verhindert!“ War das die offizielle Ansage?
Es fehlten also Benizar Gündogdu, Mehmet Kizil, Dennis Wacker und Co. und machten damit noch einmal deutlich, wie ungewiss die Zukunft der Harburger SPD-Fraktion, der möglichen Koalition aus SPD, Grünen und der Linken und damit auch von Ruheständlerin Sophie Fredenhagen ist. Die mediale Schlammschlacht der vergangenen Wochen mag die Verhinderten ermutigt haben, den innerparteilichen Konflikt zu verschärfen, es wurde aber auch deutlich, wie wenig ihnen offenbar der Auftrag der Wählerinnen und Wähler verpflichtend ist. Das gilt im Übrigen auch für die AfD-Abgeordnete Olga Petersen, die nun schon die dritte Sitzung der Bezirksversammlung geschwänzt hat und damit mehr als 3000 Stimmen in die Bedeutungslosigkeit entsorgt hat.
In der Aktuellen Stunde, für die die SPD das Thema „Demokratische Kultur im Wandel“ angemeldet hatte, warnten Nathalia Sahling und später auch Bianca Blomenkamp und Michael Sander von den Grünen vor den Populisten, die immer wieder versuchten, das Volk zu spalten und somit ein zersetzendes Gift für die Demokratie seien. Und ja, so Sahling, damit sei die AfD gemeint. Michael Sander wurde konkret und warf der AfD vor, schon mit der Formulierung ihrer Anträge Zwietracht zu säen.
Dennoch, die Sitzung verlief dann fast harmonisch, die Abwesenheit einer wie auch immer zusammengestrickten Koalition führte zu überraschenden Beschlüssen. So konnte die CDU ihre Forderung nach einer Förderung einer behindertengerechten WC-Anlage in der Harburger Innenstadt und einer intensiven Untersuchung der Maßnahmen für den Schutz des Süderelbe-Bereichs vor Binnenhochwasser durchsetzen.
Wer sich die Tagesordnung vorher genauer angesehen hatte, wartete voller Spannung auf Tagesordnungspunkt 14. Da gab es doch tatsächlich den Antrag der SPD, im östlichen Teil der Haakestraße Tempo 30 anzuordnen und dabei aber alle vorhandenen Stellplätze auf beiden Straßenseiten zu erhalten. Vor der Wahl hatten noch Pläne der Verwaltung für großen Ärger bei den Anwohnerinnen und Anwohnern gesorgt, weil im Zuge der Temporegulierung rund 80 Stellplätze wegfallen sollten.
Als TOP14 aufgerufen wurde, sagte SPD-Mann Michael Dose nur knapp: „Wir ziehen den Antrag zurück.“ Warum? Das sagte Dose nicht. Wollte man die Grünen nicht verprellen? Oder lag es daran, dass auch Benizar Göndogdu zu den Antragstellern gehörte? Es blieb offen.
Zu guter Letzt noch ein Mutmacher: Der erste Auftritt von Grünen-Nachwuchs Kai Ringlau war richtig klasse! Diesen Satz kann er sich ausschneiden…