Hausbruch. Es ist ein Traditionstermin in Harburg: Einmal im Jahr lädt die Harburger Handwerkskammer nicht nur ihre Mitglieder, sondern auch Politik und Verwaltung zum Grünkohlessen ein. Aber dabei geht es nicht nur um das kultige Wintergemüse. Denn die Handwerker nutzen die Gelegenheit auch immer, um Politikern und Verwaltungsvertretern die Leviten zu lesen und ihre Forderung an sie zu stellen.
In diesem Jahr ging es dazu in das Landhaus Jägerhof - rund 100 Gäste waren am vergangenen Donnerstag gekommen. Darunter waren auch Harburgs Citymanagerin Antonia Marmon, die Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver (CDU), der 1. Patron der Harburger Schützengilde, Ingo Mönke, die Harburger SPD-Vorsitzende Oksan Karakus, Holger Iborg aus dem Vorstand der Sparkasse Harburg-Buxtehude und die FDP-Fraktionsvorsitzende Viktoria Isabell Ehlers.
Aber bevor es an die Politik ging, hatte der stellvertretende Harburger Bezirkshandwerksmeister Rainer Kalbe eine traurige Pflicht zu erfüllen: Er gedacht des vor Kurzem verstorbenen Bezirkshandwerksmeister Peter Henning. Kalbe, der ein enger Freund Hennings war, bezeichnete den Tod Peter Hennings als Zeitenwende. „Er vertrat für viele Jahre die Interessen des Harburger Handwerks.“ Seit 2013 war Peter Henning Bezirkshandwerksmeister und zuvor Stellvertreter. „Es fällt mir schwer, passende Worte für diesen Verlust zu finden“, so Kalbe weiter. Er schloss mit einem Zitat von Victor Hugo: „Du bist nicht mehr dort wo du warst, aber du bist überall dort, wo wir sind.“ Im Anschluss erhoben sich die Anwesenden, um Peter Henning zu gedenken.
Dann ging es zur Politik. „Wir, das Handwerk, zeigen immer in der Krise Stärke, Zusammenhalt und Verantwortung - so auch dieses Mal“, begann Kalbe. Dabei aber, so bekam man den Eindruck, würden dem Handwerk große Steine in den Weg gelegt. Gerade bei Dauerbrenner-Thema Verkehr. „Man hat den Eindruck, dass hier Politik gegen das Handwerk gemacht wird“, sagte Kalbe. An vielen Stellen würde das Thema von den Handwerkern eingebracht - vor Ort, in Hamburg und bundesweit. „Passiert ist nichts.“
Als Beispiel führte Kalbe das Anwohnerparken an. „Anwohner haben ein Recht auf Anwohnerparken. Betriebe müssen die Parkplätze beantragen und dafür viel nachweisen.“ Pro Fahrzeug koste so eine Genehmigung etwa 300 Euro – pro Fahrzeug. „Und wenn ein Auftrag in einem anderem Anwohnerparkgebiet da ist, dann muss wieder beantragt werden – und es kostet wieder 300 Euro.“ Das erschwere die Arbeit der Handwerker. „Wir benötigen die Fahrzeuge, um bei den Kunden richtig arbeiten zu können. Das erschwert unsere Arbeit.“ Schon gebe es Kollegen, die bestimmte Gebiete nicht mehr anfahren würden. „Wir schaffen keine Energiewende, wenn wir nicht beim Kunden parken können.“ So würde das Handwerk aus der Stadt vertrieben.
„Es liegt aber auch in unserer DNA als Handwerker, Lösungen zu finden“, betonte Kalbe und machte ein Angebot an Politik und Verwaltung: „Wenn wir diese Probleme in einer guten Atmosphäre zusammen besprechen, können wir zusammen viel für Harburg tun.“
Das griff Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen in ihrem Grußwort dankend auf. „Wir durchleben zusammen harte Zeiten“, sagte Harburg Verwaltungschefin. „Um so wichtiger ist es zu betonen, dass ohne Handwerk keine der Aufgaben zu schaffen ist.“ Es seien die Handwerker die die Häuser bauen und die Wohnungen in Schuss halten würden und die Menschen gepflegt durch den Tag brächten. „Ich bin froh, mit Ihnen als Handwerk so starke und verlässliche Partner an meiner Seite zu haben“, betonte Fredenhagen. „Wir haben die Aufgabe, gemeinsam gute Lösungen zu finden.“ Für die Parkplatzfrage gelte es, einen Interessausgleich zu finden.
Als Festrednerin war die Vorsitzende des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden, Franziska Wedemann, geladen. Anlässlich des kürzlich erfolgten Verkaufs ihres Bäckerei-Familienunternehmens an eine größere Kette, berichtete sie über ihre Erfahrungen aus 50 Jahren Familienbetrieb. Insbesondere die Energiewende war dabei ihr Thema. Damals, so Wedemann, als ihr Vater den betrieb gründete, sei er froh gewesen, dass alles mit Strom lief und damit emissionsfrei. „Natürlich gab es Proteste bei der Frage der Endlagerung.“ Aber ihr Vater sei immer zuversichtlich gewesen Die Menschen hätten schon immer die Probleme gelöst.
Aus den Erfahrungen bei der Energiewende schloss Wedemann, dass bei der Mobilitätswende alle aufpassen müssten. „Dass wir nicht eine Wiederholung der Energiewende bei der Mobilitätswende bekommen. Lassen Sie es nicht so weit kommen, dass wir alle mit dem Lastenfahrrad fahren müssen.“
Anschließend ging es dann an den Grünkohl aus der Soltauschen Küche. Der, so waren sich alle einig, wieder hervorragend schmeckte und eine gute Grundlage für weitere Gespräche in lockerer Runde bot.
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