Harburger Tafel: Anonymer Spender übernimmt für ein Jahr alle Kosten

Harburg. Eigentlich sollte es noch nicht an die große Glocke gehängt werden, aber nun ist es raus: Ein prominenter Harburger übernimmt mindestens für ein Jahr die Miete für das neue Domizil der Harburger Tafel in einem ehemaligen Sanitärkaufhaus an der Buxtehuder Straße. Mehr noch: Der edle Spender, der anonym bleiben möchte, begleicht auch die Rechnung in Höhe von rund 12.000 Euro für die neuen Kühlräume.
Statt sich aber über die gute Nachricht zu freuen, kam es in der letzten Sitzung der Bezirksversammlung vor der Bezirkswahl am 9. Juni zu einem lautstarken Streit zwischen SPD-Fraktionschef Frank Richter und Oppositions-Führer Ralf-Dieter Fischer von der CDU. Für „RaDiFi“ war es ohnehin das letzte Gefecht, denn nach mehr als 40 Jahren in Bürgerschaft und Bezirksparlament zieht er sich nun aus der aktiven Politik zurück.
Mit der Harburger Tafel hatte Fischer genau das emotionale Thema gefunden, mit dem er die grün-rote Koalition nochmal richtig piesacken und sich (gefühlt) einen starken Abgang sichern konnte. Die Zukunft der Tafel hatte die Harburger Politik seit Monaten, wenn nicht seit Jahren beschäftigt. Zunächst schien es eine gute Lösung zu sein, nicht nur den Drogenfreiraum Abrigado, sondern auch die Tafel gemeinsam in einem Neubau an der Buxte unterzubringen – dazu noch ein paar Wohnungen, für Menschen, die es aus unterschiedlichen Gründen schwer haben, auf dem freien Wohnungsmarkt eine Unterkunft zu finden.

Der Plan der Sozialbehörde stieß bei näherem Hinsehen auf Kritik und auch Abrigado und Tafel waren nicht gerade begeistert. Böse Zungen behaupteten gar, die Behörde wolle alle potenziellen Problemgruppen an einem Ort konzentrieren, um sie besser im Griff zu haben. Sozialarbeiter aus allen Bereichen warnten vor diesem Plan, innerhalb der Harburger SPD gab es ziemlichen Krach. Der wurde aber abgebügelt, weil – so eine Genossin – „man nicht die Landesvorsitzende Melanie Leonhard beschädigen wollte“. Der Plan war entstanden, als sie noch Chefin der Sozialbehörde war.
Der Ärger bei den Harburger Genossen, aber auch beim Koalitionspartner stieg, als die Tafel sich auf eigene Faust ein Ausweichquartier für die Zeit des Neubaus besorgte und zugleich erklärte, dort nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer bleiben zu wollen. Damit war der Plan der Sozialbehörde nicht nur endgültig durchkreuzt, es musste auch neu geplant werden. Denn die Räume für die Tafel im Neubau wurden nun nicht mehr benötigt.
Wie die Koalitionäre nun mit den Förderungsanträgen der Tafel über 12.000 Euro für die Kühlung und weitere 39.000 Euro für die Miete im neuen Domizil umgingen, blieb der Öffentlichkeit weitgehend verborgen. Offenbar lief nicht alles glatt. Und dann, vor knapp einer Woche hat Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen im nicht öffentlichen Ältestenrat mitgeteilt, dass die Tafel alle Förderungsanträge überraschend zurückgezogen habe und dass der anonyme Spender alle Kosten übernehmen wolle.
In der Bezirksversammlung ließ es sich nun Ralf-Dieter Fischer nicht nehmen, die frohe Botschaft zu verkünden, um gleich auch SPD und Grüne vorzuführen. Kaum hatte er die ersten Worte gesprochen, bellte ihn SPD-Mann Richter an: „Sie verletzen die Vertraulichkeit.“ Es wurde richtig laut. Fischer keifte zurück und wehrte sich gegen den Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben. Und nun sprach nicht der CDU-Mann, sondern der Anwalt Fischer: „Ich habe keine vertraulichen Informationen weitergegeben. Als gute Opposition mussten wir natürlich bei der Tafel nachfragen, nur dies habe ich hier geschildert.“
Wer denn nun der anonyme Spender ist, wurde nicht verraten. Spekuliert wird schon. Am Tag nach der Bezirksversammlung sorgten dann die letzten Minuten der TerraX-Spielshow mit Johannes B. Kerner im ZDF in Harburg für weitere Aufmerksamkeit. Spielshow-Sieger Sebastian Ströbel („Die Bergretter“) verkündete nämlich, dass er seinen Gewinn in Höhe von 12.000 Euro für die Tafel in Harburg spenden wolle. Ströbele wohnt übrigens in Harburg.