Harburger Schützengilde: Ohne König, aber nicht kopflos
Harburg. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat die Harburger Schützengilde von 1528 e.V. im kommenden Jahr keinen Gildekönig. Keiner hatte sich gefunden, der vor drei Wochen auf den Rumpf des Vogels im Schießstand auf dem Schwarzenberg schießen wollte. Angesichts der nahenden 500-Jahr-Feier der Gilde kam für viele die Frage auf: Was nun? Naht gar das Ende der Gilde?
Auf der anderen Seite sieht es für viele aber so aus: Drei Jahre bevor der König ausgeschossen wird, der 2028 dem großen Jubiläumsjahr und Vogelschießen mit den ganzen Feierlichkeiten vorstehen wird, warten viele ab. „Wir haben viele, die 2027 König werden wollen“, berichtet Ingo Mönke, 1. Patron (1. Vorsitzender) der Gilde. „Und auch in den Folgejahren wird es kein Problem werden, einen König zu finden. Denn dann erwarten wir die Schützen, die sich für 2027 zurückgehalten haben und nicht Jubiläumskönig wurden“, so Mönke weiter. Die Existenz der Gilde, so ist er sich sicher, hängt auch nicht davon ab, ob es einen König gibt. „Fast 500 Jahre Tradition sind für sich schon ein festes Fundament. Das ist eine Geschichte, die in Hamburg ihresgleichen sucht. Und in Harburg sowieso.“
Er sieht in der jetzigen Situation auch eine Chance: „Das erste Jahr ohne König gibt uns die Möglichkeit, die Situation der Gilde in Harburg zu überdenken und sie neu auszurichten.“ Man sei jetzt frei, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Beispielsweise bei der Rolle und den Pflichten, die der Gildekönig in Zukunft haben soll. „Der König lud früher immer die Deputation (Vorstand, Anm. d. Red.) zu sich nach Hause ein und bekochte sie dort. Später wohnte der König aber nicht mehr immer in einem Einzelhaus wie früher, sondern in einer vielleicht auch etwas kleineren Wohnung. Das wurde eng. Und jetzt geht es ins Restaurant. Aber ist das noch zeitgemäß?“
Oder der Königsball. „Wir sind vor rund 20 Jahren vom Königsball zum Winterball gekommen“, erklärt Ingo Mönke. „Die Idee war: Vielleicht kommen auch andere, Nicht-Schützen, wenn es nicht nur ein Schützenball ist.“ Und in dem Zusammenhang vielleicht auch die Frage stellen: Will man in Zukunft auch Gildemitglieder, die keine Uniform tragen?
Ein weiteres wichtiges Feld für die Zukunft ist die Frage des Nachwuchses. „Ich will nicht nur an das Jubiläum 2028 denken, sondern auch an 2029, 2030...“, sagt Ingo Mönke. Man müsse bei der neuen Generation auch dafür sorgen, dass sie Spaß habe in der Gilde. „Fragen wir doch die junge Generation, was sie will und was wir für sie tun können.“ Und nicht immer sagen, es sei schon immer so gewesen.
„Vorher haben wir auch immer darüber nachgedacht - aber jetzt können wir es freier in die Tat umsetzen und auch mal ausprobieren“, findet Ingo Mönke. Einen ersten Schritt hatte die Gilde nach Corona mit der Neuausrichtung des Spargelessens auch schon getan.