Trauer um einen Polizeireporter: André Zand-Vakili stirbt mit 61 Jahren
Harburg. Zand ist tot! Die Nachricht machte vor ein paar Tagen die Runde, aber so richtig glauben wollte es niemand. Viele wussten, dass es dem Harburger Polizeireporter André Zand-Vakili schlecht geht. Aber so plötzlich? Mit gerade einmal 61 Jahren!
„Zand“ ist in Harburg aufgewachsen. Als Jugendlicher gehörte es zu seiner täglichen Routine, mit seiner 80er Hercules Ultra (6,3 PS) zu McDonald’s am Sand zu brettern, einfach um zu checken, was so läuft. Immer mittendrin! So war es nur eine Frage der Zeit, dass der Sohn eines persischen Teppichhändlers, wie der Vater ausgestattet mit einem ausgeprägten Geschäftssinn seinen Mitmenschen in Harburg mitteilen wollte, was er bei McDonald’s, in der „Tröte“ oder in der legendären „Hexenklause“ am Helmsweg erlebt und erfahren hatte: 1985 erschien „Diva“ (Motto: „Harburgs launische Stadtillustrierte“), vollgepackt mit Restaurant-Kritiken, Polizeimeldungen und Schwarzweiß-Fotos von jüngeren Harburgerinnen, einmal sogar mit einem Interview des damaligen Bezirksamtsleiters Jobst Fiedler. Zand hatte dafür mit drei Kumpels sogar einen eigenen Verlag gegründet.
Zand erkannte schnell, dass man vor allem mit Polizeimeldungen Geld machen konnte. Natürlich nicht in einer Illustrierten, die alle paar Monate mal erscheint. Also drückte er aufs Tempo, hörte den Polizeifunk ab, merkte sich die ganzen Codes, mit denen sich die Polizisten verständigten, stellte klamme Studenten und schlaflose Rentner ein, die für ihn an der Funke wachten.
Irgendwann wurde Zand häufiger im Schwesternhaus des AK Harburg an der Triftstraße gesehen. Das hatte auch einen Grund. Hier wohnte Schwester Susann. Zand wusste sofort: „Das ist sie!“ Er ließ sie nie mehr los.
Seine Texte erschienen bald überall, in der Mopo, in der BILD, in der Welt und der Welt am Sonntag, später dann im Hamburger Abendblatt. Als die Printmedien dann erste Schwächen zeigten, war Zand zur Stelle und sah Chancen für eine „Zweitverwertung“ seiner Texte. Mit ein paar Freunden, darunter unter anderem Johannes "JoJo" Tapken (heute Chef von seevetal-aktuell), gründete er harburg-aktuell, ein Online-Portal für Harburg. Zand war super vernetzt, wusste immer, wenn er ansprechen konnte, seine Geschichten waren sauber recherchiert.
Und plötzlich stand Harburg auf der Weltbühne. Nine-Eleven-Attentäter Mohammed Atta soll an der TU studiert haben, auch hier gewohnt haben. Aber wo? Die Fahnder kannten nur ein Stichwort „Marien“. Zand fiel es ein: Marienstraße. Schon standen Geheimnisdienste, Terrorfahnder und TV-Teams aus aller Welt in der kleinen Harburger Seitenstraße. Und mittendrin: Zand.
War er sensationsgeil? Bestimmt nicht. Dass er auch schweigen konnte, um keinen zu gefährden, hatte Zand fünf Jahre zuvor bewiesen. Verbrecher hatten 1986 den Hamburger Millionär Jan Philipp Reemtsma entführt und 33 Tage gefangen gehalten. Jede öffentliche Äußerung und nur der leiseste Verdacht, dass die Polizei den Entführern auf der Spur waren, hätte Reemtsma in höchste Gefahr gebracht. Aber alle hielten dicht. Auch Zand.
Die Bezirkspolitik in Harburg, aber auch wichtige Ereignisse wie der G20-Gipfel in Hamburg brachten Zand dazu, sich immer wieder politisch zu äußern. Zand, der Polizeireporter mit Migrationshintergrund, warnte häufig vor Problemen, die mit Migration verbunden sind. Das gefiel nicht allen. Ein Kollege vom Hamburger Abendblatt stellte fest: „Zand war nie politisch korrekt.“ Und das klang eher nach einem Lob. Der Kulturmanager und Journalist Henry C. Brinker, der einige Zeit auch als Geschäftsführer des Speichers am Kaufhauskanal in Harburg tätig war und Zand gut kannte, sagt: „Er war ein Konservativer – weil er das Leben kannte.“
Zand wusste, dass er bald sterben würde. Er arbeitete bis zum letzten Tag, einem Kollegen, der ihm drei Wochen vor seinem Tod zu Hause besuchte, sagte Zand: „Ich hab ein tolles Leben gehabt. Ich hab meine Traumfrau geheiratet, ich hab drei Söhne, ich hatte einen spannenden Job.“
