Das falsche Spiel mit dem Rieckhof
Zum Kommentar: Meine Meinung Ein ganz mieses Spiel
Harburg. Für das von Bezirksamt, SPD und Grünen angestrebte Interessenbekundungsverfahren (IBV), also die Ausschreibung eines (neuen) Trägers für den Rieckhof, hat sich nun auf Betreiben der drei genannten ein „Begleitgremium“ konstituiert. Das soll sich, laut Protokoll, „gemäß der vielfältigen Bevölkerungsstruktur des Bezirkes“ zusammensetzen. In den Augen des Bezirksamtes sind dies die in der Bezirksversammlung vertretenen Fraktionen, der Bezirksseniorenrat, der Integrationsrat, der Kreisschüler:innenrat, das Studierenenparlament der TU, Vertreter der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke, das Bezirksamt und die Jugendforen aus Süderelbe und Harburg. Letztere sind Zusammenschlüsse von Jugendlichen in der Migrationsarbeit.
Kulturschaffende nicht eingeladen: Ein Statement gegen die Kultur
Was bei einigen Befremden hervorruft: Der Zusammenschluss von Kulturschaffenden im Bezirk, SuedKultur, wurde hierzu gar nicht erst eingeladen. Sprich: Die Vertreter eines Großteils dessen, was den Rieckhof aktuell ausmacht, sollen an den Gesprächen über die Nutzung nicht beteiligt sein. Ein klares Statement gegen die Kultur.
Stattdessen wurden, laut Protokoll, „die Einrichtung eines Safe Space und den Bedarf von selbstverantwortlicher Werkstattarbeit, viele offene Räume für verschiedene Bedarfe, wie z.B. ungestörtes „Abhängen“ für Jugendliche, eine Wärmestube für Obdachlose, eine „Soliküche“, Bildung für Jung bis Alt sowie die Forderung nach niedrigschwelligen künstlerischen Angeboten“ genannt. Der Fokus der Vorschläge habe auf Angeboten für junge und für arme Menschen sowie für Menschen marginalisierter Gruppierungen gelegen. Auch Proberäume waren laut Aussagen von Anwesenden im Gespräch.
Soll der Rieckhof als kulturelles Zentrum weggemacht werden?
Was anscheinend nicht mehr gewünscht ist: Dier Rieckhof als kulturelles Zentrum im Herzen Harburgs. Kein Wort über Konzerte, Lesungen, Theater, Comedy.Das will Heinke Ehlers, kulturpolitische Sprecherin der grünen Fraktion aber so nicht stehen lassen. Das Treffen sei eine Art Brainstorming gewesen. „Es war uns klar, dass sich etwas ändern muss und ist ist ganz viel unterschiedliches gesagt worden. Natürlich sind da Ideen dabei gewesen, von denen man weiß, dass sie nicht stattfinden können. Aber wir haben nicht mit der Schere im Kopf zensiert, was da alles machbar ist“, sagt Ehlers. Und klar sei auch, dass es nicht darum gehe alles, was jetzt im Rieckhof stattfinden würde, zu streichen. Aber, so Ehlers, eben auch nicht alles einfach 1 zu 1 weiterzuführen, sondern mit neuen Ideen das Angebot weiterzuentwickeln.
Eines ist dennoch klar: Für vieles, was laut dem Protokoll im Rieckhof geschehen soll, bräuchte es den entsprechenden Raum. Aber keinen Veranstaltungsaal. Den benötigten Raum könnte man dadurch schaffen, dass der Veranstaltungsaal zugunsten von Werkstätten, Soliküche, Proberäumen und „abhängen“ verschwindet – dafür bräuchte man ihn ja auch nicht.
Auch Peter Schuldt, Leiter des Chors Gospel Train, hat Bedenken, wenn er die Diskussion betrachtet. „Ich bin in großer Sorge, ob wir mit Gospel Train in Zukunft noch im Rieckhof auftreten können“, so Schuldt gegenüber besser-im-blick. „Der Rieckhof ist optimal für uns: Die Technik ist gut, die Akustik auch und man kann von überall sehen. Für eine Zuschauergröße bis 400 Leute hat der Rieckhof eine optimale Größe.“ Wie für das alljährliche Benefizkonzert für die SOS-Kinderdörfer. Man könne ja aber schauen, wie man den Rieckhof für kleinere Formate wie beispielsweise Schulkonzerte und Workshops noch attraktiver machen könne, so Schuldt.
Das IBV soll nun schnell durchgeziegelt werden. Im November soll es die Ausschreibung geben, im Frühjahr soll eine Jury über die eingereichten Konzepte entscheiden. Schon am 1. Juli kommenden Jahres soll der neue Träger mit seinem Konzept an den Start gehen. Erst dann werden - in begrenztem Rahmen allerdings nur - die Harburger Bürgerinnen und Bürger gefragt, was sie davon eigentlich halten.
Meine Meinung: Ein ganz mieses Spiel
Kommentar. Kennen Sie Frank Richter oder Bianca Blomenkamp? Nein? Da geht es Ihnen wie wahrscheinlich den meisten Harburgerinnen und Harburgern. Die beiden sind die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen in der Harburger Bezirksversammlung. Würden Sie jetzt sagen, dass die beiden, weil Sie sie nicht kennen, zurücktreten oder die Fraktionen aufgelöst werden sollen? Wohl eher nicht. Auch die beiden fänden das wahrscheinlich absurd.
Auch die Bezirksversammlung wird wohl weiter bestehen und nicht wegen Unbekanntheit und in der Bevölkerung zugemessener Bedeutungslosigkeit abgeschafft werden. Manche sind eben gleicher als andere.
Wenn es um den Rieckhof geht, sieht das schon ganz anders aus. Hier ist es ein öffentlich im Protokoll festzuhaltender Makel.
Die Ignoranz der Betreiber des IBV gegenüber der Geschichte des Rieckhof und seiner Bedeutung in Harburg, die hier zu Tage kommt, ist erschreckend.
Was hier veranstalttet wird, ist mit einem Wort gesagt: hinterhältig. Alle Bezirksamt, SPD und Grüne wissen darum, dass im Rieckhof nicht einfach eine Soliküche eingerichtet werden kann. Ganz abgesehen von der Frage, ob das die Elbe Werkstätten, den aktuellen Betreiber der Rieckhof-Kneipe, freuen würde. Es gibt keine Werkstatträume und auch keine Räume, die dazu umgewandelt werden können – wenn überhaupt mit großem Aufwand. Proberäume für Bands fehlen massiv in Harburg – aber die Räume im Rieckhof sind dafür nicht geeignet.
Handeln wider besseres Wissen
All das wissen Bezirksamt, SPD und Grüne. Sie stellen es aber nicht klar, auch nicht denen gegenüber, die diese Vorschläge hoffnungsvoll und ja auch berechtigterweise äußern. Stattdessen jagen sie diese Sau durch das Dorf als gäbe es kein Morgen. Und der Rieckhof-Träger darf dann den Buhmann machen und mitteilen, dass das alles eben nicht geht. Er steht als der Böse da, der alles verdirbt, der nicht mitspielen will.
So organisieren sich diejenigen, die den Rieckhof in seiner jetzigen Form abschaffen wollen, das nötige Wasser für ihre Destruktions-Mühlen: „Seht, der jetzige Träger will ja gar keine Veränderungen.“
Und ein wichtiger Zusammenschluss in Harburg wie SuedKultur, der für einen großen Teil des jetzigen Programms im Rieckhof steht, wird nicht zur Zukunftsplanung eingeladen. Auch das ist eine bewusste Entscheidung.
Es ist ein ganz mieses Spiel, das da betrieben wird.
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