"Schwere Kost" im Harburger Theater bei "Das Gesicht" von Siegfried Lenz
Harburg. Um diese Aufgabe war Georg Münzel, der bei "Das Gesicht" von Siegfried Lenz die Regie übernommen hatte, nun wirklich nicht zu beneiden. Die Hauptdarsteller Kai Hufnagel und Herbert Schöberl, die den Lenz-Stoff im Rahmen des Theaterprojekts "Lenz auf die Bühne" im Harburger Theater umsetzten, machten trotz kaum zu bewältigender Aufgabe das Beste daraus. Und auch die anderen Akteure des Stücks, die gleich in mehrere Rollen schlümpften, standen ihnen kaum nach.
Zum Inhalt: Der Friseur Bruno Deutz ist zwar im Job gut, privat aber eher unglücklich. Seine Frau hat andere Interessen und seine alten Kumpel ebenfalls. Mit seinem Äußeren gleicht er dem regierenden Diktator - vor allem frisurtechnisch. Der Friseur wird als Double engagiert und muss sich nach einem vermeintlich geglückten Attentat auf den Präsidenten als solcher ausgeben. Deutz nutzt die Chance und "regiert" statt zu schneiden. Er erweist sich als Tyrann. Dass er einst selbst einmal ein Regimekritiker war, scheint vergessen.
Das Premierenpublikum sowie die Theaterkritiker waren sich weitgehend nicht einig. Während die Harburger aus Stadt und Land im Saal nicht mit Beifall sparten, bezweifelten einige Kulturprofis, ob alle Theatermacher den dramatischen Stoff optimal umgesetzt haben. Harburgs Premierenbesucher zollten aber nicht nur den beiden Hauptdarstellern viel Lob, sondern auch den weiteren Akteuren in den unterschiedlichen Rollen. Es gab phasenweise sogar Standing Ovations und die Schauspieler wurden nach dem Finale immer wieder auf die Bühne "geklatscht".
Kurioserweise lagen die aktuelle US-Wahl und der Premierentermin von "Das Gesicht" auch noch nah beieinander. Das Stück beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Thema Machtmissbrauch und deren Folgen. Hinzu kommt, dass das Lenz-Stück bei seiner Uraufführung im Jahr 1964 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg gefloppt hatte. Der „Spiegel“-Kritiker hatte seinerseit nicht nur die Aufführung, sondern auch gleich die gesamte Vorlage - mehr oder weniger verrissen - vielleicht nicht ganz gerechtfertigt.
„Das Gesicht“, die Komödie von Siegfried Lenz im Harburger Theater am Museumsplatz 2, wird noch Vorstellungen bis 16. November gezeigt. Karten ab 20 Euro gibt es an der Theaterkasse, dienstags bis freitags, 14 bis 18 Uhr oder via E-Mail an