Zwei von drei Hausbrucher Direktkandidaten ignorieren den Wählerauftrag
Süderelbe-Hausbruch. 1.054 Euro im Monat kassieren, aber nichts dafür tun. Das klingt nach bedingungslosem Grundeinkommen. In Hamburg gibt es das aber noch nicht, und so wird die geschilderte Methode zu einem perfiden Geschäftsmodell auf Staatskosten. Konkret praktizieren das zwei der drei Direktkandidaten, die im Juni im Wahlkreis 7 (Hausbruch) die meisten Stimmen und damit jeweils einen Sitz in der Bezirksversammlung bekommen hatten.
Seither kassieren Olga Petersen (AfD) und Mehmet Kizil (SPD) munter ihre monatlichen Diäten, in der Bezirksversammlung gesehen wurden sie bislang aber nicht. Dem Treiben von Petersen hat der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft jetzt ein jähes Ende bereitet. Nachdem festgestellt worden war, dass ihr Wohnsitz in Hausbruch verwaist ist und sich die Hinweise verdichtet haben, dass sie mit ihren vier Kindern längst nach Russland ausgewandert ist, wurde ihr die „Wahlfähigkeit“ aberkannt.
Ihre Mandat in der Bürgerschaft, aber auch das in der Bezirksversammlung Harburg ist sie jetzt los. Formal muss die Hamburgische Bürgerschaft in der kommenden Woche diese Entscheidung noch bestätigen. Dann werden auch die Diäten gestoppt. Nach Informationen von besser-im-blick wird Gerd Meier, Schatzmeister der Harburger AfD, für Petersen in die Bezirksversammlung nachrücken.
Der Fall Kizil ist verzwickter. Er ist nämlich nicht allein, mit ihm blieben auch Benizar Gündogdu, Dennis Wacker, Markus Sass und Arne Thomsen den Sitzungen der Bezirksversammlung fern, ohne auf ihre Zuwendungen aus Steuergeldern zu verzichten (besser-im-blick berichtete: Bezirksversammlung: CDU macht auf Wirtschaftskompetenz und bei der SPD bleiben wieder Sitze leer). Wie berichtet hatte sich der innerparteiliche Streit verschärft, nachdem Kizil und Gündogdu nicht bei der Kandidatenkür für die Bürgerschaft antreten durften.Inzwischen soll allerdings die SPD-Landesorganisation sämtliche Widersprüche der beiden gegen dieses Verbot abgelehnt haben.
Die Harburger SPD will zurzeit offenbar nicht gegen die fünf Mandatsträger vorgehen, die die Mitarbeit verweigern und in der Bezirksversammlung nicht die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler vertreten. Jetzt wartet alles auf den 24. Dezember, bis zu diesem Stichtag müssen unwiderruflich alle Kandidaten für die Bürgerschaft genannt werden. Alles weitere ist Spekulation. Möglich wäre zum Beispiel die Bildung einer eigenen Fraktion, zu fünft hätten Kizil und Co. Anspruch auf einen Fraktionsvorsitzenden (dreifache Diäten), einen Stellvertreter (doppelte Diäten) sowie auf Finanzierung eines Fraktionsgeschäftsführers. Möglich wäre auch ein Zusammenschluss mit den beiden FDP-Abgeordneten, die aktuell zu zweit keinen Fraktionsstatus haben. Schließlich bleibt die Möglichkeit, als Fraktion des Bündnisses Sarah Wagenknecht zu starten. In allen Fällen wäre wohl ein SPD-Parteiausschlussverfahren die Folge.
Die Interessen der Hausbrucher Wählerinnen und Wähler werden in der Bezirksversammlung vorerst jedenfalls nur von Robert Timmann (CDU) vertreten. Er ist sogar stellvertretender Vorsitzender der Bezirksversammlung. Er könnte sogar Erster Vorsitzender werden, wenn die SPD durch den personellen Aderlass den Status der stärksten Fraktion und damit den Anspruch auf das höchste politische Amt im Bezirk verliert. (AG)