Trauer um Ralf-Dieter Fischer

Harburg. Ein halbes Jahr nach seinem Rückzug aus der Politik ist der Ehrenvorsitzende der Harburger CDU Ralf-Dieter Fischer plötzlich und unerwartet im Alter von 76 Jahren gestorben. „RaDiFi“, wie er von Freund und auch von politischen Gegnern liebevoll genannt wurde, war mehr als ein halbes Jahrhundert politisch aktiv und hat sich in außergewöhnlichem Maß um Harburg verdient gemacht. Er war streitbar, eckte oft an und ließ sich bestimmt nie im politischen Mainstream treiben – auch nicht als die Hamburger CDU unter Einfluss ihres früheren Landesvorsitzenden Christoph Ploß ihr Heil in einem eher stramm konservativen Kurs suchte. Fischer bezeichnete sich in einem Interview selbst mal als „liberal“.
Geboren in Sieverstedt, einer kleinen Gemeinde am Alten Ochsenweg im Kreis Schleswig-Flensburg wuchs Fischer in Wilhelmsburg und Fischbek auf, 1972 wurde er Mitglied der CDU, seiner Meinung nach die „Partei mit den wenigstens Fehlern“ und schon zehn Jahre später war er Mitglied der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Schon in der Bürgerschaft machte sich Fischer Gedanken über mögliche neue Konstellationen. Er wollte nicht auf ewig auf die FDP angewiesen sein, nahm statt dessen lose Kontakte zur damaligen GAL (heute: Die Grünen) auf. Das kam nicht bei allen Parteifreunden gut und als sich Fischer dann auch noch eine Affäre leistete, in der er zur Rückzahlung von 35.700 Mark Anwaltsgebühren an seinen Mandanten Martin Engler („König der Betrüger“) verurteilt wurde, scheiterte er schon in der parteiinternen Nominierung.
Doch ein Ralf-Dieter Fischer war längst unkaputtbar. Er fing eben wieder ganz unten an, wurde Mitglied des Ortsausschusses Süderelbe, rückte später in die Bezirksversammlung ein und wagte Ungeheuerliches: Er schmiedete eine der deutschlandweit ersten Koalitionen mit den Grünen und seinem kongenialen Partner, dem 2013 verstorbenen GAL-Politiker Ronald Preuß. Der STERN kommentierte das damals so: „Es ist die Geschichte von Lokalpolitikern, deren Arbeit zwar in der Region stattfindet, über die eine höhere Stelle aber eine unsichtbare Hand schützend hält. Weil sie ein Interesse verfolgt. Sie gehört dem wichtigsten Christdemokraten der Stadt, dem Bürgermeister Ole von Beust.“
Frank Richter, heutiger Chef der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung, war Jahre später Koalitionspartner von Fischer und seiner CDU. Seine Erinnerung: „Herr Fischer war eine streitbare, kantige Persönlichkeit. Auch wenn wir in etlichen Punkten unterschiedlicher Meinung waren, war er jemand, der zu seinem Wort stand, wenn man sich in einem Punkt schließlich geeinigt hatte.“
Jörn Hansen, langjähriger Geschäftsführer des Rieckhofs, zeigt sich tief betroffen vom Tod Fischer: „Er hat sich jahrzehntelang mit seinem breiten Wissen immer sehr engagiert und erfolgreich für Hamburg und besonders für Harburg eingesetzt. Ich habe seinen Rat sehr geschätzt und konnte mich auf sein Wort immer verlassen. Sein festes Eintreten auch für den Rieckhof hat mir Kraft gegeben.“
Als der Rieckhof in unruhige Fahrwasser geriet und das Bezirksamt einen neuen Betreiber suchte, hielt Fischer zu Hansen. Alles, was mit Kultur zu tun hatte, war für ihn unterstützenswert – egal ob es sich um die Tunnelplastik von Friedrich Gläsel handelte, die er nach Harburg holen wollte und die heute in Niendorf unbeachtet vor sich hingammelt oder um den Brunnen des Harburger Künstlers Carl Ihrke. Klar, dass der regelmäßige Besuch der Kulturleistungsschau Documenta in Kassel für Fischer Pflichtprogramm war. Nach seinem Rückzug aus der Politik wollte Fischer die Documenta und allerlei andere Hot Spots der Kultur in aller Welt zur Kür machen – gemeinsam mit seiner Ehefrau Lydia.
Mit Lydia Fischer, der ehemaligen Bürgerschaftsabgeordneten trauern auch die Töchter Treeske und Brit-Meike um ihren Vater, ebenso der CDU-Kreisvorsitzende André Trepoll um seinen politischen Ziehvater: „Ralf-Dieter Fischer war mein politischer Mentor und Berater. Ohne ihn wäre meine politische Karriere nicht so erfolgreich verlaufen. Er wird nicht nur der Harburger CDU sehr fehlen, sondern auch mir persönlich.“