Museumsbrennerei zeigt frühere „Genussmittel auf dem Land“
Rosengarten-Ehestorf. Das Freilichtmuseum am Kiekeberg in Ehestorf zeigt in der neu eingerichteten Museumsbrennerei, welche Genussmittel die Landbevölkerung früher konsumiert hat: Tabak zum Rauchen oder Schnupfen war schon im 18. Jahrhundert im Landkreis Harburg beliebt, ebenso das „Schwarzbrennen“ für den Eigenbedarf und Tauschhandel nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Museumsbrennerei stellt neue historische Apparate aus, die die Menschen für die Herstellung ihrer Genussmittel genutzt haben.
In der Museumsbrennerei am Kiekeberg erfahren Besucher mehr über frühere „Genussmittel auf dem Land“ und ihre Verarbeitung: Neu sind die historische Rösttrommel für Tabak, eine Destillationsanlage aus dem 20. Jahrhundert und eine Schwarzbrenn-Anlage aus dem Zweiten Weltkrieg. Tabak und Branntwein haben eine wechselvolle Geschichte in der Region: Raucher bevorzugten damals süßlich duftenden Tabak, der mit Zuckerwasser „soßiert“ wurde. In der Rösttrommel trocknete der aromatisierte Tabak durch Hitze eines Kohlefeuers sowie Drehung und Lüftung eines Elektromotors. Bis ins 17. Jahrhundert war Tabak offiziell verpönt. Rauchen galt als unsittlich, stinkend und schmutzig: Lüneburg ließ Raucher einst sogar öffentlich auspeitschen.
Aber Tabak war günstig und leicht zu verarbeiten, viele Bauernfamilien bauten ihn im Garten für den Eigenverbrauch und als Tauschmittel an. Nur 100 Jahre später wandelte sich das Rauchen zum Statussymbol für die „obere Gesellschaft“, sorgte für Steuereinnahmen und wurde mit Einführung der Zigarette Ende des 19. Jahrhunderts ein schnelles Genussmittel für alle Gesellschaftsschichten. Wieder 100 Jahre später warf die Bevölkerung erneut einen kritischen Blick auf das Rauchen und seine gesundheitsschädigende Wirkung.
Früher stellten Bauern auch Branntwein als Nebenerwerb aus ihrem Getreide her. Im Landkreis gab es viele kleine Brennereien, die ihren Schnaps an lokale Gaststätten lieferten. Nach Aufzeichnungen führte die leichte Verfügbarkeit von Alkohol schon im 19. Jahrhundert im Amt Winsen zu Gewaltdelikten, so dass Regierungsvertreter vor dem Konsum warnten. Mit Entwicklung des aufwändigeren Dampfbrennverfahrens schrumpfte die Anzahl Brennereien zu wenigen großen. Im Zweiten Weltkrieg wurden Konsumgüter knapp – so stellten die Menschen auf dem Land mit Schwarzbrenn-Apparaten, wie dem in der Museumsbrennerei von 1945, selbst Alkohol her und tauschten ihn gegen andere Waren ein. Sie mussten damals harte Strafen fürchten und riskierten viel – die Brennvorrichtung konnte explodieren oder der Alkohol bei Herstellungsfehlern schwere Vergiftungen verursachen.
Im Jahr 2000 hatte die damals letzte Schnapsbrennerei im Landkreis ihren Betrieb eingestellt: Die „Haidmärker“-Dampfbrennerei-Anlage aus Salzhausen sehen Besucher in der Museumsbrennerei am Kiekeberg im Zustand von 1926. Ihr Brand war seit 1843 eine Traditionsmarke der Lüneburger Heide.