Harburg. Er ist ein Musterbeispiel für eine gelungene Integration: Xhelil Musa, vor fast 70 Jahren geboren in Pozharanja im damaligen Jugoslawien (heute Kosovo) und seit einem halben Jahrhundert ein bekennender Harburger. Und viele Harburger kennen ihn - den Mann, der 1983 sein erstes Lokal in Harburg eröffnete und jetzt, kurz vor dem 70. Geburtstag, sein inzwischen elftes Restaurant, "Musas Grüne Tanne" an der Bremer Straße in Marmstorf in andere Hände übergeben hat.
Jetzt, wo sich die ersten Zipperlein bei ihm eingestellt haben und Augen und Ohren nicht mehr so gut wie in jungen Jahren funktionieren, will es Xhelil Musa, der sogar schon einen einen Fußballverein (FC Musa) in Harburg gegründet und geführt hat, ein wenig ruhiger angehen lassen als in den vergangenen fünf Jahrzehnten, als er zunächst für drei Jahre als Dreher in der Harburger Niederlassung von Krupp, dann als Busfahrer für die Hamburger Hochbahn (heute HVV) und ab 1974 als Taxi-Fahrer für Toxi-Taxi tätig war.
Ursprünglich war geplant, dass Xhelil Musa zunächst für ein Jahr bei Krupp in Deutschland arbeitet. Dass er längst zu einem echten Harburger geworden ist, liegt wohl in erster Linie daran, dass Musa am 30. Juli 1970, also wenige Tage nach seinem 20. Geburtstag, die Harburger Deern Silvia Magor kennenlernte. "Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin", sagt der umtriebige gebürtige Albaner. Am 15. Oktober 1976 gaben sie sich das Jawort. Und rund ein Jahr später wurde der erste Sohn Adrianit (heute 42) geboren. Der zweite Musa-Sohn Sami folgte sieben Jahre später. Er ist, ebenso wie der Vater, sozialdemokratisch engagiert und bewirbt sich seit einigen Wochen für den Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft, die am Sonntag gewählt wird.
Als Xhelil Musa im Jahr 1977 mit seiner jungen Frau und dem kleinen Sohn Adrianit seiner Heimatstadt erstmals seit seinem Wechsel nach Harburg wieder einen Besuch abstattete, um seiner dortigen Familie seine Harburger Verwandtschaft zu präsentieren, erlebte er eine unschöne Überraschung: Die damalige Tito-Armee war auf ihn aufmerksam geworden und hätte ihn am liebsten gleich in eine Kaserne geschickt. Ihm gelang es aber zunächst, seine Frau und seinen kleinen Sohn per Auto wieder zurück nach Harburg zu bringen - mit der Zusage an die Militärs, anschließend wieder zurückzukehren, um den Wehrdienst abzuleisten.
Und daran hielt sich Xhelil Musa auch. Er machte sich abermals auf den weiten Weg ins rund 2400 Killometer entfernte Pozharanja und tauschte die Zivilkleidung gegen die Uniform. Aber das behagte dem 1,63 Meter großen Neu-Harburger gar nicht. Mit viel List und zum Teil vorgetäuschten körperlichen Einschränkungen gelang es ihm, die Soldatenzeit in Titos Armee auf rund zweieinhalb Monate zu verkürzen - ganz zur Freude von Ehefrau Silvia und dem Baby. "Zum Schluss haben sich fünf Armee-Ärzte in Belgrad um mich gekümmert", erinnert sich Musa.
Zurück in Harburg arbeitete Musa zunächst wieder als Dreher, ehe er 1980 eine durch das Arbeitsamt vermittelte Ausbildung zum Technischen Zeichner absolvierte. In diesem Beruf war er bis 1983 tätig.
Dann begann Xhelil Musa seine ungewöhnlich erfolgreiche gastronomische Karriere - und wieder mit seiner Frau als überaus wichtige und fleißige Unterstützerin mit zum Teil mehreren Jobs gleichzeitig. Los ging es mt dem "Adria-Grill" 1983 in der Schwarzenbergstraße. Das Lokal übernahm er seinerzeit von Gastwirt Horst Soltau, dessen Sohn Thomas heute das "Landhaus Jägerhof" am Ehestorfer Heuweg in Hausbruch führt. Es folgten die Eröffnungen der Restaurants "Adria-Grill" an der Cuxhavener Straße in Neugraben (1986), "Opatia-Grill" in der Neuen Straße in Harburg (1988), "Bei Musa" in Fleestedt (1990), "Kutsche bei Musa" in Sieversen (bis 1993), "Bei Musa" und "Adriano" (italienisches Lokal), beide in Neugraben (1996 und 1997) "Bei Musa XM07" in Neukloster (1997), "Bei Musa" in Hollenstedt (1998), "Bei Musa" in Ebstorf bei Uelzen (2000) und "Musas Grüner Tanne" im Jahr 2002, das er auch zu einem Hotel ausbaute.
So etwas hatte sich Xhelil Musa als gerade 20-Jähriger "jugoslawischer Gastarbeiter" kaum vorstellen können. "Ich hatte in jungen Jahren nicht mal eigene Schuhe", erinnert sich der überzeugte Harburger. Sein Erfolgsrezept: "Deine Gäste müssen spüren, dass Du ihnen echte Gastfreundschaft und nicht nur geschäftliches Interesse entgegenbringst. Ein großen Anteil an seinen gastronomischen Erfolgen hatte seine Frau Silvia, die ihm nicht nur schnell bessere Deutschkenntnisse beibrachte, aber auch sonst in der Küche und auch beim "Bürokram" nach Kräften unterstützte.
Das Familienglück war perfekt, als nach Adrianit (heute 42) der zweite Sohn Sami (heute 35) zur Welt kam. Und Sami will hoch hinaus. Er hofft am Sonntag auf ein gutes Ergebnis und den Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft - natürlich für die Sozialdemokraten. Sami machte es seinem Vater nach, der 1984 in die SPD eintrat und seinen Sohn jetzt nach Kräften unterstützt.
Als Xhelil Musa in der 1990er-Jahren auch mal als Fußballspieler-Berater aktiv war und mit der albanischen Nationalmannschaft anlässlich eines Länderspiels gegen die deutsche Elf in Hannover weilte, lernte er den früheren Ministerpräsidenten Niedersachsens und späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder kennen - und schätzen. Sie verstanden sich auf Anhieb so gut, dass sie schnell per Du waren. Das gleiche gilt für den Harburger CDU-Politiker Volker Rühe und früheren Bundesverteidigungsminister aus Heimfeld, mit dem sich Musa trotz Parteiunterschieds ebenfalls bestens verstand.
Gute Kontakte hat Xhelil Musa nach wie vor zum ehemaligen Box-Weltmeister Luan Krasniqi und zu ehemaligen albanischen Nationalspielern wie Altin Lala (Hannover 96) und Fatmir Vata. Mit ihnen und weiteren früheren Fußballgrößen veranstaltete Musa auch Benefiz-Fußballspiele zugunsten der Deutschen Muskelschwund-Hilfe. Jetzt will er es etwas ruhiger angehen lassen und seine insgesamt fünf Enkeltöchter genießen. Seinem Sohn Sami, der in zweiter Ehe mit der 35-jährigen Besiana verheiratet ist, die sich über ihre zweieinhalbjährige Tochter Luana freuen, drückt er natürlich die Daumen für den Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft am Sonntag.