Spannender Wirtschaftsabend: Festrednerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann polarisierte

Harburg. Der Wirtschaftsabend – das ist das Event, mit dem der Harburger Wirtschaftsverein das Jahr traditionell ausklingen lässt. Im Privathotel Lindter in Heimfeld begrüßte die Vorsitzende Franziska Wedemann am vergangenen Freitagabend rund 250 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur.
Gekommen waren zum Beispiel der SPD Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis, Metin Hakverdi, Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss und Thorsten Römer, die beiden Chefs des Archäologischen Museums / Stadtmuseum Harburg, Heinz-August Ernst von August Ernst aus Moorburg, Ralf Grote, Kanzler der Technischen Universität Hamburg-Harburg, Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen, Nicole und Peter-Jürgen Maack von Maack Feuerschutz, Andreas Sommer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, Jörn Sörensen vom Handelshof, Gildekönig Ulf Schröder, Michael Armbrecht, Präsident des HTB und viele mehr.
Bevor es richtig losging, wurde aber die erste Halbzeit des Fußball-Derbys St. Pauli gegen den HSV geschaut. Dazu war in einem Raum extra eine große Leinwand aufgebaut worden. Visuell hatten die HSV-Fans mit ihren Schals die Oberhand, aber dass es auch viele St Pauli-Fans gab, zeigte sich am Jubel bei den beiden Toren in der ersten Halbzeit.
Kontroverse Festrednerin zur Sicherheitspolitik: Marie-Agnes Strack-Zimmermann polarisierte
Trotz eines spannenden Derbys: Der Abend begann zur Halbzeit. Als Festrednerin hatte Franziska Wedemann die FDP Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, geladen. In ihrem frei gehaltenen, rund halbstündigen Vortrag, sprach Marie-Agnes Strack-Zimmermann zur sicherheitspolitischen Lage angesichts des Ukraine- Kriegs und des Krieges im Nahen Osten – und was diese für die Bundesrepublik und Europa bedeuten. Denn diese Kriege würden etwas mit uns machen. „Das hat unmittelbar mit unserer Sicherheit zu tun“, sagte Strack-Zimmermann.
Für den Krieg in der Ukraine wurde sie deutlich, was die Aussichten anging: „Wenn Putin den Krieg gewinnt, wird es nicht der letzte in Europa sein. Es wird nicht der letzte Angriff auf ein europäisches Land sein“, so Strack-Zimmermann. Angesichts der neuen Kriegsführung im Internet sagte sie, dass sie befürchte, dass das die Gesellschaft zerfalle.
Auch in Bezug auf Israel bezog sie Stellung: „Wenn sich Israel jetzt nicht wehrt, werden der Krake keine Arme ausgerissen!“ Wo sind wir, fragte sie. Wo sei Europa? Europa, so ihre Antwort, sei an dieser Stelle nicht da. Nur die USA seien vor Ort mit einem Flugzeugträger vor Libanon. Deshalb, so ihre These, sei von dort aus auch bislang Ruhe.

Europa, so Strack-Zimmermanns Schlussfolgerung, müsse sich neu erfinden. Womit sie implizit auch eine Absage an das „alte Europa“ formulierte, wie es Egon Bahr einmal im Gegensatz zu den USA aufgezeigt hatte: Kein neues Wettrüsten, sondern Diplomatie. Strack-Zimmermann verfolgte in ihrer Rede eine deutlich andere Strategie: aufrüsten und drohen. „Alles, was die Bundeswehr braucht, ist 30 Jahre lang vernachlässigt worden“, kritisierte sie. „Kein Land der EU kann sich selbst verteidigen.“ Man brauche die NATO. „Jetzt heißt es Männer und Frauen zu finden.“
Wedemann: Diese Legislatur ist verlorene Zeit
Zuvor hatte Franziska Wedemann in ihrer Begrüßung die Bundesregierung scharf kritisiert. „Diese Legislatur können wir bereits jetzt als verlorene Zeit betrachten“, sagte sie. Als einen Punkt dafür führte sie das Bürgergeld an, das in ihren Augen im Verhältnis zum Lohn zu hoch sei. „In dieser Strategie ist Deutschland in Europa und der Welt ziemlich einsam unterwegs“, führte sie aus und folgerte, dass solche Entscheidungen den sozialen Konsens gefährden würden.
Erfreulich: Marie-Agnes Strack-Zimmermann blieb im Gegensatz zu vielen ihrer Vorgänger den Abend über im Lindtner und diskutierte mit den Anwesenden. Natürlich gab es auch einen gemütlichen Teil mit einem leckeren Drei-Gänge Menü aus einer Steckrübenrahmsuppe, geschmorter Hirschkeule mit Kronsbeerensauce und einem Dessert-Buffet.
Ein spannender Abend
Auf jeden Fall war es ein spannender Abend, da der Wirtschaftsverein keinen Schönredner eingeladen hatte, sondern mit Strack-Zimmermann jemanden, deren Position nicht unumstritten war. Denn obwohl es viel Beifall gab, vermissten doch nicht wenige eine weitergehende Perspektive in der Sicherheitspolitik als Aufrüstung und Drohungen. „Am Ende gibt es Frieden nur, wenn man miteinander spricht“, sagte ein Gast. „Das kam bei ihr aber gar nicht vor.“