Pastor missbrauchte jahrelang Konfirmandin
Hittfeld. Ein Fall von schwerem sexuellen Missbrauch an einer Konfirmandin ist im Kirchenkreis Hittfeld im Landkreis Harburg bekannt geworden. Von 1988 an bis 1997 wurde die zu Beginn 15-jährige Konfirmandin Katarina Sörensen* vom Pastor der Kreuzkirchengemeinde in Nenndorf (heute Kirchengemeinde Rosengarten), Jörg Deneke, zuerst sexuell belästigt und später missbraucht.
Jetzt, zwanzig Jahre nach dem Ende des direkten Missbrauchs, hat die Betroffene den Mut gefunden, damit zuerst an eine Beratungsstelle, dann die Kirche und nun an die Öffentlichkeit zu gehen. Pastor Deneke ist 2013 verstorben – aber Sörensen leidet noch heute unter den schrecklichen Erfahrungen.
So berichtet sie von einem systematischen Vorgehen des wegen seiner regen Jugendarbeit damals sehr geschätzten Pastors. „Ich bin mir heute sicher, dass er von Anfang an geplant hat, sexuelle Übergriffe an Mädchen zu begehen“, so Sörensen. Langsam habe Deneke die Grenzen überschritten, berichtet Sörensen – mit Umarmungsspielen und Massagen. „Ich fand das nicht angenehm, aber ich wollte seine Aufmerksamkeit.“ Ansonsten habe ihr ein Ausschluss aus der Jugendgruppe gedroht.
Der Missbrauch war langsam vorbereitet und der Pastor spielte Liebe vor
Langsam hat Deneke den Missbrauch vorbereitet, gruppenpsychologische Prozesse ausgenutzt, bis es zum eigentlichen Missbrauch kein großer Schritt mehr gewesen war. Damit sie nicht darüber redet, gab es ein Schweigegebot. Er gaukelte ihr Liebe vor, erpresste sie damit, dass er seinen Job verlieren würde etc.
„Ich habe Jahre gebraucht um zu verstehen, dass es keine tragische Liebesbeziehung war“, so Sörensen. Erst 1997, mit seinem Weggang nach Tostedt, hat sich Katarina Sörensen aus den Fängen des Pastors befreien können. Mit den seelischen Folgen des Missbrauchs hat Sörensen bis heute zu kämpfen.
Erst 20 Jahre danach war der Mut da, das Schweigegebot zu brechen
Lange Zeit schwieg sie. Zwar gab es schon damals im Ort Gerede. „Aber das war Anfang der 90er Jahre. Da hieß es noch eher: Die macht sich an den Pastor ran.“ Im August 2015 brachte Sörensen dann den Stein für die Aufklärung ins Rollen, indem sie sich an die landeskirchliche Ansprechstelle für Opfer sexualisierter Gewalt wendete und ihr Martyrium schilderte. Ein erstes Treffen fand dann in den Räumen des „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V.“ in Hannover statt.
Im März 2017 hat sie die Kirchengemeinden Wolfsburg-Detmerode und Tostedt über dem Missbrauch informiert, wo Deneke vor und nach Nenndorf tätig war. Im Mai desselben Jahres wandte sich Sörensen an die Kirchengemeinde Rosengarten und traf sich im Juli mit den beiden Pastorinnen Dorothea Blaffert und Katharina Behnke, die wiederum den Superintendenten des Kirchenkreises Dirk Jäger informierten.
Entschädigungszahlung allein reicht nicht
Im Oktober 2016 entschied die Unabhängige Kommission der Landeskirche, Sörensen eine Entschädigung von 35.000 Euro zu zahlen. Die Summe aber reicht bei Weitem nicht, um das zu kompensieren, was sie durch den Missbrauch allein finanziell einbüßt, da sie beispielsweise nur in Teilzeit arbeiten kann. „Geld allein reicht aber nicht“, so Sörensen. Es gehe auch darum, dem Geschehenen ins Auge zu blicken – auch für die Kirche.
Dass Geld allein nicht reiche, da die Traumatisierung der Betroffenen sie ein Leben lang verfolge, bestätigte auch die Dipl.-Soz. Päd.–Soziotherapeutin Claudia Chodzinski, die Sörensen von Beginn an unterstützt. Auch sei es eine Frage der Strukturen innerhalb der Kirche, so Chodzinski.
Kirche bemüht sich um Transparenz und Veränderung
Die Hannoversche Landeskirche hat schon einiges unternommen, wie Oberlandeskirchenrat Dr. Rainer Mainusch, Leiter der Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes Hannover, und Dirk Jäger berichteten. Allerdings, so Mainusch, habe die Kirche wenig Erfahrung in der Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs durch Pastoren. Aber man habe viel gelernt und sei dankbar für Sörensens vertrauen, so Mainusch. Auch sei auf Drängen von Sörensen ein entsprechender Eintrag in die Dienstakte von Deneke vorgenommen worden. Auch gibt es nun Grundsätze zu Verhinderung und im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt.
Im Kirchenkreis, so Jäger, sei man zum Beispiel 2018 mit einer Schulung für Diakone und Pastoren aktiv geworden und schule die Teamer schon seit Jahren. „Wir stehen an Frau Sörensens Seite und wollen sie nach Kräften unterstützen“, versprach Jäger.
Auch die Kirchengemeinde selbst hat gehandelt. So ist der Nachruf auf Deneke im Gemeindebrief nachträglich geändert worden. Mit Bezug auf den Missbrauch wurde er ergänzt. „Die im Nachruf geäußerte Würdigung von Herrn Deneke bedarf also zumindest der Ergänzung wenn nicht des Widerspruchs.“
Der Fall von Katarina Sörensen ist auch nicht der einzige in Nenndorf. Schon jetzt sei man im Gespräch mit einer weiteren betroffenen und in den vergangenen Tagen haben sich zwei weitere gemeldet. Das ist ganz im Sinne von Katarina Sörensen. Die will weiter dafür wirken, dass die Fälle sexualisierter Gewalt öffentlich gemacht und aufgeklärt sowie neue verhindert werden. Dass auch anderen Betroffene den Mut finden, ihre Erfahrungen öffentlich zu machen. Deshalb hat sie sich für den Betroffenenbeirat der Landeskirche beworben.
*Name geändert.
Anlaufstellen für Erwachsene, die in ihrer Kindheit/Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben.
Im Landkreis Harburg
Beratungsstelle für gewaltbetroffene Mädchen und Frauen (Diakonisches Werk)
Borsteler Weg 1
21423 Winsen (Luhe)
Tel. 04171-6008850
Email:
Mit weiteren Standorten in Buchholz, Neue Str. 8
Lebensberatung für Einzelne, Paare und Familien (Diakonisches Werk)
Neue Str. 8
21244 Buchholz i.d.N.
Tel. 04181 – 4080
Email:
Im Saal 27
21423 Winsen (Luhe)
Tel.: 04171 – 63 978
Email:
Fachberatungsstellen
Im Landkreis Stade:
Beratungsstelle Lichtblick
Beratung und Begleitung von Frauen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Grenzverletzungen erlebt haben oder die aktuell von secuellen Grenzverletzungen betroffen sind
Bertha-von-Suttner-Allee 4
21614 Buxtehude
Tel.: 04161 – 71 47 15
Email:
Im Landkreis Rotenburg
Wildwasser Rotenburg
Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt
Bahnhofstr. 1
27356 Rotenburg (Wümme)
Tel.: 04261 – 97 15 84
Email:
Anlaufstelle Hamburg-Harburg
Biff Harburg (Frauenberatungsstelle)
Neue Str. 59
21073 Hamburg
Tel.: 040 – 77 76 02
Email:
Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie
E-Mail:
Tel.: 0800 5040112
Terminvereinbarung für telefonische Beratung
Mo: 16.30 – 17.30 Uhr
Di bis So: 10.00 – 12.00 Uhr
www.anlaufstelle.help
Ansprechstelle für Opfer sexualisierter Gewalt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover
Pastorin Hella Mahler
Tel.: 0 511 12 41 650
Email:
www.praevention.landeskirche-hannovers.de
Frauennotruf Hannover
Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen Hannover e. V.
Goethestraße 23 (Eingang Leibnizufer)
30169 Hannover
Telefon: 0511 - 33 21 12
E-Mail:
www.frauennotruf-hannover.de
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