Beim Tango beim Turnerball hat´s gefunkt - Otto und Rosel Beecken aus Fliegenberg feiern Gnadenhochzeit
Stelle-Fliegenberg. Es wäre vielleicht alles ganz anders gekommen, wenn der in Ramelsloh geborene Otto Beecken nach erfolgreicher Tischlerlehre nicht ins ferne Bad Ems (an der Lahn) seinen beruflichen Wunschwechsel eingeschlagen hätte. Denn dort lernte der jetzt 92-Jährige seine Ehefrau Rosel, geborene Tiwi (heute 91 Jahre), kennen, mit der er jetzt ein ganz seltenen Ehejubiläum feiern kann - die Gnadenhochzeit.
Beim Rückblick auf diese besonderen und gemeinsamen 70 Ehejahre ergänzt sich das Jubelpaar noch heute: „Ich weiß nicht, wie wir das alles geschafft haben“, sagt Rosel Beecken und Otto Beecken erweitert den Satz mit: „Früh aufstehen und spät zu Bett gehen."
Bei einem Ruderball in Bad Ems Pfingsten 1951 sah der Sohn eines Geflügelhändlers und einer Hausfrau seine große Liebe zum ersten Mal. Ein Gespräch gab es nicht, denn die gelernte Hotelfachfrau verließ die Tanzveranstaltung mit Zahnschmerzen früher als geplant. Wochenlang schlenderte Otto Beecken nach Feierabend die Kurpromenade entlang: „Irgendwann musste sie doch mal vorbeikommen“, hoffte er. Doch während der im Kurhaus auftretende Vico Torriani mit seinem bekannten Nachkriegs-Schlager „Kalkutta liegt am Ganges, Paris liegt an der Seine – doch dass ich so verliebt bin liegt an Madeleine“ seine Auserwählte zumindest musikalisch gefunden hatte, schmachtete Otto Beecken bis zum November 1951 zunächst vergeblich.
Beim Turnerball rund ein halbes Jahr später sahen sie sich dann endlich wieder. Ein Gespräch, ein erster Tanz im Tango-Wiegeschritt fanden an diesem Abend statt. Nach der ersten Verabredung und einem Kinobesuch nahmen die Gemeinsamkeiten einen Anfang. Bei der Verlobung, Weihnachten 1952, mussten die Eltern der damals 20-jährigen Rosel noch zustimmen, da das gesetzliche Volljährigkeitsalter seinerzeit noch bei 21 Jahren lag. Zudem wurden die verschiedenen Konfessionen familiär ausgelotet. Otto Beecken blieb evangelisch-lutherisch, Rosel Beecken entsprechend bei ihrem katholischen Glauben.
Der standesamtlichen Trauung am 22. August 1953 folgte die kirchliche am 4. Oktober 1953 - jeweils in Winden bei Nassau an der Lahn (Rheinland-Pfalz), dem Geburtsort der Braut. Nach zwei Jahren in Oberlenningen, nahe Stuttgart gelegen, zog das Paar in den hohen Norden. Otto Beeckens Onkel, Hermann Sievers, der in Fliegenberg eine Tischlerei betrieb, hatte damals ein berufliches Notsignal gesendet. Denn das Wirtschaftswunder machte auch in Fliegenberg nicht halt. Das Arbeitspensum und die Verantwortung nahmen Fahrt auf.
Ehefrau Rosel kümmerte sich um Kindererziehung, Buchhaltung und Personalplanung, während Otto Beecken sein Fernstudium zum Architekten 1964 mit Diplom anschloss. Regionale Aufträge waren beispielsweise der Bau der damaligen Volksbank Nordheide in Winsen, die Sanierung der Hochhäuser im Lüneburger Stadtteil Kaltenmoor und die Fertigstellung der Sporthallen in Stöckte und Fliegenberg. 50 Inlandsflüge zeugten vom intensivsten Jahr der Firmengeschichte mit Großprojekten in Kiel, Hamburg und Frankfurt.
Und dennoch gab es noch Platz für Hobbys: Die beiden Ehrenmitglieder des MTV Germania Fliegenberg spielten Tischtennis, später Tennis. Als Otto Beecken mit seinem Tischtennis-Team 25 Jahre lang ununterbrochen in der gleichen Besetzung zusammenspielte, arrangierte er zum damaligen Rekord im Landkreis ein Treffen mit Jörg Wontorra und einem Fernsehteam des NDR in Fliegenberg. In der damaligen Sportschau der Nordschau wurden diese Aufnahmen gesendet. Ehefrau Rosel war viele Jahre Mitglied im Gesangsverein in Fliegenberg und auch acht Jahre lang im Kirchenvorstand der Katholischen Kirchengemeinde "Guter Hirt" in Winsen, Otto Beecken engagierte sich zudem insgesamt 25 Jahre lang im Aufsichtsrat der Volksbank Nordheide und er war auch im begleitenden Ausschuss für Auszubildende der Architektenkammer in Hannover.
Eine gemeinsame Audienz beim Papst in Rom im Jahr 2002 blieb dem Jubelpaar in wacher Erinnerung. Nicht nur über dieses besondere Ereignis wird das Gnadenhochzeitspaar gemeinsam mit den beiden Söhnen Michael und Andreas, den Enkelkindern Johannes, Sina und Vanessa und den vier Urenkeln Lilly, Maximilian, Luis und Leon an diesem Tag zurückblicken.
