„Arbeiten Sie endlich!“ - Opposition attackiert Rot-Grün
Harburg. Mit einem Knall hat sich die Bezirksversammlung in Harburg in die Sommerpause verabschiedet. Herrscht dort oftmals langweilig Friede, Freue, Eierkuchen, so wurde die Koalition aus SPD und Grünen auf der Sitzung im Juni gleich zweimal von der Opposition vorgeführt - und die SPD war so angefressen, dass sie eine Sitzungsunterbrechung benötigte.
Keine Diskussion über den Erhalt von Harburgs Geschichte und Kultur
Das erste Mal vorgeführt wurde die Koalition bei einem Antrag der FDP. „Mehr Geld für Harburgs Vergangenheit“ forderten die Süderelb-Liberalen. Einer von vier Anträgen, in denen sie mehr Geld für Geschichte/Kultur, Ökologie, Bauen und Radwege forderten.
Im Antrag führte die FDP keine konkreten Maßnahmen auf. Bewusst, wie FDP-Fraktionschefin Viktoria Isabell Ehlers ausführte. „Der Antrag ist nicht konkret, da es darum geht, dass insgesamt mehr Geld kommt - nicht aber konkret wofür“, so Ehlers. „Geld fehlt - da sollten wir uns einig sein.“
Der Antrag sei ein Appell an die Verwaltung, sie mögen jetzt schon den Prozess anschieben. Als Beispiele nannte sie aber doch, dass man ein Schild an der Friedenseiche auf dem Schwarzenberg anbringen oder die Sonnenuhr im Stadtpark sanieren könne.
Koalition: Ohne Preisschild geht es es nicht
Rot-Grün gefiel solch ein Grundsatzantrag nicht. Die Koalition schien sehr unmittelbarkeitsverhaftet unterwegs zu sein. Keine plastischen Beispiele und keine Zahlen - viel zu unkonkret, monierte SPD-Mann Klaus Fehling. „Anträge müssen konkret sein“, fand er. „So kann man keine Beschlüsse fassen, so kann man nicht arbeiten.“
Außerdem gebe es doch weniger Geld zu verteilen: „An welchen Ende des Regenbogens haben sie den Topf mit Geld gefunden, um das zu finanzieren?“, fragte er. Und sowieso wäre ihm „Geld für die Zukunft“ lieber. Letztendlich wünschte sich Fehling (später beim Antrag der CDU zum Kundstpfad) ein „Preisschild“ an den Anträgen. Am Antrag zum Kunstpfad, so erklärte er freudestrahlend, hinge ein solches dran. Das könne man beschließen, lobte er wohlwollend.
Auch der Grünen Heinke Ehlers war der Antrag nicht konkret genug: „Solche unkonkreten Anträge, da fehlen einfach Dinge drin“, konkretisierte sie ihre Kritik. Auch ihr Fraktionsfreund Jürgen Marek sagte der der Antrag nicht zu. „Sie müssen auf den Tisch legen, wo Sie Geld hernehmen wollen. Wir sehen in den Anträgen keine Perspektive, reale Politik zu machen.“
Befürworter: Es geht darum, die Debatte anzuschieben
Unterstützung bekamm die FDP von Linken und CDU. Heiko Langanke, kulturpolitischer Sprecher der Linken, brachte auf den Punkt, was Sozialdemokraten und Grüne offenbar nicht verstanden - oder nicht verstehen wollte. „Ich sehe den Antrag als Einladung zur Diskussion“, so Langanke. „Es ist ein schöner Debattenbeitrag, um konkreter zu werden.“ Auch Uwe Schneider von der CDU sah es ähnlich. „Was damit ausgedrückt wird, ist eine Haltung; das wir nicht auskömlich finanziert sind.“
Letztendlich aber wollte die Koalition weder die Debatte um die Finanzierung beginnen oder gar Haltung zeigen und lehnte den Antrag ab.
Arbeiten Sie endlich! Eklat bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
Wurde die Koalition bei der Kultur schon von der Opposition vorgeführt, so ging es beim Antrag der Linken zur Finanzierung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) richtig zur Sache. Die Bedarfe, so Simon Dhemija von den Linken mit Blick auf die vorangegangenen Debatte, könne man errechnen. „Es werden laufend Bedarfe von den Trägern der OKJA angemeldet.“ Die Koalition aber stelle immer nur Berichtsanträge anstatt zu handeln, wo dringend Handlungsbedarf bestünde. „Arbeiten Sie endlich!“, forderte er von Sozialdemokraten und Grünen und unterstrich die Forderung mit vehementen Faustschlägen auf das Rednerpult.
Unterstützung kam von Brit-Meike Fischer-Pinz von der CDU. Auch sie, die im Bereich der Kinderpsychatrie arbeitet und dadurch durchaus einen Einblick darin hat, wo der Schuh drückt, reagierte emotional. „Wer soll denn die Bedarfe der Kinder übersetzen, wenn nicht die, die ganz dicht dran sind“, forderte sie dazu auf, die Bedarfe der Träger ernst zu nehmen. „Sie müssen die Haltung und den Mut aufbringen und zur Behörde gehen und für Harburg zu sprechen“, forderte sie von der Koalition. „Sie sind da nicht tätig geworden! Es ist über Jahre nichts passiert!“ Die Mitarbeiter in der OKJA seien am Limit und hielten nicht mehr lange aus. „Es geht hier um Harburgs hochbedürftige Kinder.“
SPD windet sich und muss Sitzung unterbrechen
Das brachte die SPD ins Schwimmen. Eine Sitzungsunterbrechung musste her, damit die Sozialdemokraten dieses soziale Thema adhoc noch einmal beraten konnten.
Beate Pohlmann ging dann für die Koalition in die Bütt. Der Antrag sei gut, gab sie zu. Auch, dass Geld immer fehle. Aber jetzt ein Papier mit sofortigen Maßnahmen zu erstellen, könne ein falsches Bild „nach draußen“ bringen. „So, wie Du das Petitum geschrieben hast, können wir dem nicht folgen“, sagte Pohlamm zu Dhemija. „Ich würde den Antrag gern, weil er wirklich wichtig ist, ohne Annahme in den Jugendhilfeausschuss mitnehmen und dort interfraktionell einen Antrag beraten, wie der umfangreicher aussehen könnte.“
Warum sind Sie Abgeordnete?
Damit war die Linke nicht einverstanden. „Warum ohne Annahme?“, fragte Demhija. Jedes mal frage man sich in den Ausschüssen, warum der Antrag ohne Annahme überwiesen worden sein. „Warum sind Sie Abgeordnete? Spenden Sie doch Ihre Sitzungsbeträge der OKJA!“
Das war zu viel für Rot-Grün. „Das ist jetzt unverschämt!“, fand Natalia Sahling von der SPD beleidigt. Auch, dass Linke und CDU emotinal in der Frage der Kinder- und Jugendarbeit wurden, kam bei den Grünen nicht gut an. „Die Leidenschaft strahlt Arroganz aus“, kritisierte Peter Schulze. Man mache seit Jahrzehnten engagierte Jugendarbeit. „Ich verspreche, wir werden bis Weihnachten einen neuen Antrag hier einbringen“, so Schulze.
Die Linke aber blieb dabei, dass der Antrag abgestimmt und nicht einfach ohne Annahme in den Ausschuss käme. „Machen Sie sich eine Meinung und stehen Sie dazu“, so Simon Dhemija. Das wurde durch den Antrag von CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer flankiert, der eine namentliche Abstimmung beantragte, damit alle nachweislich Farbe in dieser Frage bekennen müssten.
Davon aber ließ sich Rot-Grün nicht beirren und blieb bei der Haltung, keine Haltung zu zeigen: Der Antrag wurde ohne Annahme in den Jugendhilfeausschuss abgeschoben.
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