Meine Meinung: Geht doch! Harburg ist wieder spannend geworden!
Kommentar. Früher war alles besser! Die Lüneburger Straße sollte man meiden. Überall nur Dönerläden und Brautmoden-Shops. Außerdem schickt Hamburg die meisten Flüchtlinge nach Harburg. So denken viele und manche verkünden das in den sozialen Medien. Was könnte man dagegen tun? Im Innenstadtforum mal so richtig auf den Tisch zu hauen? Damit sich endlich was bewegt.
„Nein“, sagt eine junge Harburgerin. Das seien alles nur Alibiveranstaltungen. Außerdem will sie sich nicht den Mund verbieten lassen. Was? Wie kommt sie darauf? Einer Freundin von ihr sei das Wort entzogen worden, als sie im Frühjahr bei einer Diskussion von Harburg Marketing mal „die Wahrheit“ verkünden und die „wahren Gründe für den Niedergang der Fußgängerzone“ nennen wollte. Man ahnt, was die Freundin sagen wollte. Das Fazit der jungen Harburgerin: Als Bürger hast Du gar nichts zu sagen. Die da oben machen doch was sie wollen.
Schade, dass in der ersten Sitzung Bezirksversammlung nach der Sommerpause die Zuschauerplätze frei geblieben sind . Die Grünen hatten den Ausbau des MidSommerlands an der Außenmühle als Thema der Aktuellen Sunde angemeldet. Michael Sander, selbst Geschäftsführer eines Sportvereins, erinnerte an die frühen Jahre des Freizeitbads. Bäderland habe ihm damals verraten, dass ein Schwimmbad umso wirtschaftlicher betrieben werden könnte, je kleiner die Wasserflächen sein. Das Ergebnis ist bekannt: Planschbecken, Rutschen und Aromagrotten. Chillen kann man dort schon, aber eben nicht richtig Schwimmen. Oder gar Schwimmenlernen!
Die Bezirkspolitik griff das Thema immer wieder auf, perlte aber regelmäßig an der geballten Kraft der Fachbehörden ab. Vermutlich haben Schwimmbäder in deutlich mehr angesagten Stadtteilen eine viel stärkere Lobby. Mag auch sein, dass der Aufruf der Grünen-Landesvorsitzenden Maryam Blumenthal verpufft ist, sich in Anbetracht der eher enttäuschenden Ergebnisse ihrer Partei bei der Bürgerschaftswahl 2020 endlich mehr um die Außenbezirke zu kümmern.
Zum Glück gibt es aber Harburgerinnen und Harburger, die den südlich der Süderelbe weit verbreiteten Hang zur politischen Selbstverzwergung albern finden und sich nicht mit einer kommoden Opferrolle in einem vermeintlich benachteiligten Bezirk begnügen. Wie zum Beispiel Juliane Eisele und ihre tollen Mitstreiterinnen. Sie ließen nicht locker, gründeten die Initiative „Yes! We swim“ und nervten die Politik. Immer wieder. In ihren Köpfen die Parole „Die machen, was wir wollen“. Und nicht umgekehrt. Beharrlichkeit und Argumente waren schließlich erfolgreich. Jetzt macht der Senat rund neun Millionen locker und macht das MidSommerland zu einem richtigen Schwimmbad mit 25-Meter-Bahnen und Sprungturm. Und die Harburger Kids können endlich Schwimmen lernen.
Plötzlich beginnt Harburg wieder zu leuchten. Der Bezirk ist längst nicht vergessen – auch dank eigener Initiativen. Und im Rathaus sitzt eine überaus wache Bezirksamtsleiterin, die die Aktivitäten rund um die Karstadt-Immobilie richtig einschätzt, mit Hilfe des Senats dazwischengrätscht und so weiteren spekulativen Leerstadt mitten in Harburg verhindert. Mit dem Innenstadtforum kommt ein weiterer Glücksfall hinzu. Genau zum richtigen Zeitpunkt sind alle Harburgerinnen und Harburger eingeladen, ihre Ideen zur Zukunft ihrer Stadt zur Diskussion zu stellen. Harburg ist wieder richtig spannend geworden.