Mega-Zoff bei Genossens: Die Harburger SPD ist tief gespalten
Harburg/Wilhelmsburg. Der Riss, der durch die Harburger SPD geht, ist spätestens seit der vergangenen Kreisvorstandswahl offensichtlich geworden. Und auch auf dem Landesparteitag am Samstag im Bürgerhaus Wilhelmsburg manifestierte er sich durch einen Spalt am Delegationstisch der Harburger Genossen: Zwischen dem Umfeld des Kreisvorstandes und ihren Gegnern blieb ein schmaler Streifen „Niemandsland“ unbesetzt.
Ungewöhnlich: Vor der Wahl der Kreisvorsitzenden Oksan Karakus in den Landesvorstand – eigentlich eine Formalie – ging Uta Liska-Gärmer aus Harburg ans Mikrofon, um für die Wahl der Kreisvorsitzenden zu werben. Anscheinend wurde befürchtet, dass sich der Landesparteitag gegen sie entscheiden könnte. Ihre Rede wurde von höhnischen Anmerkungen der Gegner aus dem eigenen Kreis bedacht.
Der Appell reichte nicht aus: Ganz knapp, mit 49,83 Prozent, verfehlte sie die notwendigen 50 Prozent. 35,79 Prozent stimmten gegen sie. Ein zweiter Wahlgang musste her. Vorher musste das Präsidium aber noch kurz in die Wahlordnung der SPD schauen, denn so etwas war nicht mehr vorgekommen, seit Johannes Kahrs, damals Vorsitzender im Kreis Mitte, von den Delegierten (übrigens auf einem LPT im Privathotel Lindtner in Heimfeld) nicht in den Landesvorstand gewählt worden war.
Nils Weiland warb für ihre Wahl. „Das ist mehr als gute Sitte bei uns.“ Auch Karakus selbst ergriff jetzt das Wort. „Viele von euch kennen mich nicht und das ist eine gute Gelegenheit mich euch vorzustellen.“ Sie bezeichnete ihre Arbeit als Kreisvorsitzende und die ihres Kreisvorstandes als erfolgreich. Eine Einschätzung, die von höhnischem Gelächter aus dem eigenen Kreis begleitet wurde. Im zweiten Wahlgang erreichte Karakus 48,46 Prozent bei 41,64 Prozent Gegenstimmen. Da hier eine einfache Mehrheit reichte, war sie damit in den Landesvorstand gewählt.
Nächster Streitpunkt: Beisitzer im Landesvorstand

Und weiter gings: Bei der Wahl zu den Beisitzern im Landesvorstand gingen zwei aus Harburg ins Rennen: Für den Kreisvorstand war dies Mehmet Kizil aus Hausbruch und für die Gruppe um SPD-Fraktionschef Frank Richter und den Ex-Kreisvorsitzenden Sören Schumacher stieg die Bürgerschaftsabgeordnete und Heimfelderin Claudia Loss in den Ring. Kizil kandidierte auf Grund seiner eigenen Geschichte mit Migrationshintergrund und dass es die SPD war, die ihm trotz wenig Geld im Elternhaus das Beschreiten des Bildungsweges ermöglicht habe. „Ich möchte mich im Landesvorstand für Kinder und Jugendliche stark machen“, sagte Kizil.
Claudia Loss sieht ihre Aufgabe im Landesvorstand dagegen darin, die Gesundheitspolitik zu erklären. Denn die sei nicht immer offensichtlich. „Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung ist mein großes Ziel.“

16 Beisitzer sollten gewählt werden – 17 Kandidierende waren angetreten. Das Ergebnis war eindeutig: Claudia Loss wurde mit dem sechstbesten Ergebnis und 79,5 Prozent gewählt. Für Mehmet Kizil blieb mit 41,99 Prozent nur der letzte Platz – er wurde nicht gewählt. Als Beisitzer wurde ebenfalls Metin Hakverdi gewählt, Wahlkreisabgeordneter aus Bergedorf-Harburg-Wilhelmsburg im Bundestag.
Letztes Kapitel am Samstag war die Wahl um die Schiedskommission. Ihre Aufgabe ist es, Streitigkeiten in der Partei zu schlichten und gegebenenfalls ein Urteil zu sprechen. Dort trat das langjährige Mitglied und der ehemalige Kreisvorsitzende Harald Muras an. Der amtierende Kreisvorstand schickte Patrick Zimmermann ins Rennen. Auch hier konnte sich die Gruppe Richter/Schumacher durchsetzen: Mit 47,85 Prozent wurde Harald Muras gewählt. Zimmermann konnte nur 35,58 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.
Nächster Halt im Machtkampf: Aufstellung für die Bezirkswahl
Und schon steht das nächste Kapitel im sozialdemokratischen Machtkampf und Hickhack in Harburg an: Die Aufstellung der Kandidierenden zur Bezirkswahl. Wer wird dort die Nase vorn haben? Zum einen geht es um die Bezirksliste, die auf einer Vertreterversammlung gewählt wird, deren Mitglieder in den einzelnen Distrikten je nach Größe gewählt werden. Die beiden Wahlkreislisten werden auf Wahlversammlungen gewählt, bei denen jedes im Wahlkreis wohnende SPD-Mitglied abstimmen kann.
Es kommt also darauf an, wer am besten seine Herde zusammenhalten und mobilisieren kann. Auf jeden Fall wird es spannend werden. Und für Überraschungen, wie sie es bei der FDP gegeben hat (besser-im-blick berichtete: Bezirkswahl 2024: FDP Harburg schasst ihr Zugpferd! ), ist die SPD bekanntermaßen allemal gut genug.
