Menschen. Fakten. Meinungen. | Wir brauchen die soziale Interaktion wie die Luft zum Atmen
Liebe Leserinnen und Leser,
Harburg Stadt und Land entwickeln sich stetig – wirtschaftlich, politisch, kulturell. Und das auch oftmals sehr dynamisch.
Zeit also, einmal diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die hinter dieser Entwicklung stehen. Unternehmer aus der Region, Politiker, die die Weichen stellen oder diejenigen, die kulturell gestalten als Vereine oder zum Beispiel Theater.
Deshalb wollen wir in unserer Kolumne „Menschen.Fakten.Meinungen.“ diesen Menschen in unserer Region ein Forum bieten. Wir schreiben nicht vor, welchem Thema sie sich annehmen oder was sie dazu zu sagen haben. Hier geht es darum, sie zu Wort kommen zu lassen.
Dieses Mal schreibt Tobias Handtke für "Menschen- Fakten. Meinungen.". Der Sozialdemokrat ist 48 Jahre alt, ist verheiratet und hat vier Kinder. Er wurde 2021 zum Bürgermeister der Gemeinde Neu Wulmstorf gewählt. Handtke ist sozusagen ein "kommunales Eigengewächs". Nach dem Abitur am Gymnasium Neu Wulmstorf studierte er Sozialwissenschaften, allerdings ohne das Studium mit einem Abschluss zu beenden. Gleichzeitig absolvierte er eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Von 1996 bis 2021 war er Mitglied des Gemeinderates und ab 2011 Vorsitzender der SPD-Fraktion. Von 2001 bis 2021 gehörte er dem Kreistag des Landkreises Harburg an und war auch dort von 2014 an SPD-Fraktionsvorsitzender. 2013 und 2017 trat Tobias Handtke bei den niedersächsischen Landtagswahlen für die SPD im Wahlkreis Seevetal an, unterlag jedoch dem CDU-Kandidaten.
Wir brauchen die soziale Interaktion wie die Luft zum Atmen
Mit Beginn der Osterferien war ich am Samstagvormittag zu den Elstorfer Landfrauen zum Frühstück eingeladen, um im Anschluss einen kleinen Impulsvortrag über die aktuelle Entwicklung der Gemeinde zu halten. Mir machen Termine dieser Art nicht nur Freude, sondern in einer Zeit, in der wir einer Informationsflut über verschiedene Kanäle ausgesetzt sind, ist das persönliche Gespräch und das direkte Miteinander wichtiger denn je.
Wir schaffen dadurch Verbindlichkeit und Vertrauen. Man hat sich mal gesehen, kennengelernt und eine Verbindung aufgebaut. Ganz ähnlich war es in den Wochen vorher beim Bibelkreis der Lutherkirche oder dem Seniorenkreis der Elstorfer Nicolaikirche. Wo sonst, wenn nicht bei den Vereinen, Kirchen und Organisationen, sind wir noch in der Lage, miteinander zu diskutieren, Informationen zu reflektieren und Meinungen auszutauschen.
Am 6. April findet die jährliche Demo gegen Rassismus und für Demokratie und Menschenrechte in Neu Wulmstorf statt. So viele Veranstalter wie noch nie in den Jahren zuvor, haben sich dem Aufruf angeschlossen. Ich gebe zu, von mir aus hätten es noch ein paar mehr sein können, aber okay. Nicht alle hat der Aufruf erreicht und die Eigendynamik in dieser Frage ist seit jeher in unserer Gesellschaft etwas, naja, weniger dynamisch. Dynamischer klappt es, wenn es nur um das Weitergeben von Gerüchten und kribbeligen News geht, so nach dem Motto: „Hast Du schon gehört?“
Okay, das gehört irgendwie dazu und seit jeher es den Flur gibt, gibt es auch den Flurfunk. Was uns aber Sorgen bereiten sollte ist, dass wir die Balance im Auge behalten, was wir persönlich im Miteinander austauschen und was uns vorgegeben wird. Algorithmen funktionieren im vis-à-vis nicht so gut, wie im Netz… ein Glück. Denn der Blick auf die digitale Schlagzeile ergibt noch nicht den Inhalt und mit dem ersten Kommentar unten drunter wird die eigentliche Botschaft schon oftmals ad absurdum geführt.
Nein, das Internet und die sozialen Medien bieten uns als Gemeinde oder Politik eine optimale Möglichkeit, Informationen zu transportieren. Das ist schließlich unsere Aufgabe. Wir sollten uns aber auf Basis von Wissen und Fakten eine Meinung bilden und dieses unglaubliche wertvolle Privileg in unserer Gesellschaft nicht wegnehmen lassen. Denn die Bildung einer Meinung ist großartig und ist viel spannender als eine Wiederholung von Parolen.
Also, auf Dauer brauchen wir die soziale Interaktion wie die Luft zum Atmen, das hat uns nicht zuletzt Corona gezeigt. Dazu braucht es die Freiheit, wie wir sie in unserem Land und in jeder Gemeinde erfahren. Wie fühlt die Freiheit sich an, wenn man sie nicht vermisst? Kabarettist Hagen Rether stellt diese Frage als Spiegel und so ist es. Sehen wir unsere Freiheit nicht als selbstverständlich an, denn das ist sie nicht. Sprechen wir mehr miteinander als übereinander zu lesen und haben wir mehr Vertrauen in unsere Mitmenschen. Wir brauchen nicht noch mehr Besserwisser.
Viele wollen lieber in einer Jury sitzen und bewerten – machen wir uns selbst auf. Machen wir das Land fit für die Zukunft, fangen wir bei uns allen an und geben wir uns gegeneinander Vertrauen und Zuversicht ohne Ängste und Missmut.
Unsere Vereine und Organisationen bringen uns zueinander, stärken wir sie mir unserer Teilnahme, stärken wir auch unsere Demokratie und damit das, was so selbstverständlich ist für nunmehr fast alle Generationen, in unserem Land uns auch erhalten bleibt.
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