Bundestagswahl: Schock bei SPD und CDU

Harburg. Schockstarre war es, die im Herbert-Wehner-Haus, der Harburger SPD-Zentrale, bei der 18-Uhr-Prognose herrschte. Nicht Enttäuschung oder Überraschung stand den Genossen ins Gesicht geschrieben, sondern blankes Entsetzen. Natürlich wusste man um die Umfragen - aber es ist schon etwas anderes, wenn man die Zahlen unerbittlich dann auf der Leinwand bestätigt oder sogar noch die schlimmsten Befürchtungen übertroffen sieht. Es war der Moment, in dem der eh schon sehr dünne Strohhalm brach, an den sich die Genossen bis zum Schluss geklammert hatten.

Sichtlich und hörbar angeschlagen trat dann kurz nach 18 Uhr Harburgs SPD-Chef Frank Richter vor seine Partei. „Das Ergebnis der AfD ist ein Schlag ins Gesicht aller Demokraten“, so Richter. Es zeige aber auch, dass sie nicht einfach „das Volk“ seien. „Sie sind weit davon entfernt“, machte Richter den Genossen Mut. Man werde das Ergebnis der AfD auch in Harburg analysieren. Nicht alle Wähler dieser Partei seien Rechtsextremisten. „Wir werden aber jetzt Menschen im Bundestag sehen, die mit Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit nichts zu tun haben. Dafür aber hat die SPD in ihrer Geschichte immer gestanden, auch 1933“, formulierte Richter die Kampfansage in Richtung AfD. Zum ersten Mal Applaus kam im Herbert-Wehner-Haus auf, als der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann verkündete, dass die Partei in die Opposition gehen werde.

Auch bei der CDU im Landhaus Jägerhof war die Stimmung verhalten. Zwar war die CDU stärkste Partei geworden, aber die großen Verluste und auch das Ergebnis der AfD hinterließen auch hier ihre Spuren. „Was im Gegensatz zu den letzten Umfragen dann rausgekommen ist, ist enttäuschend“, stelle Harburgs CDU-Chef und Fraktionsvorsitzender Ralf-Dieter Fischer fest, Das Positive sei, dass die CDU stärkste Kraft geworden sei und einen klaren Regierungsauftrag habe. Aufgabe der CDU sei es nun, die zur AfD abgewanderten Wähler zu gewinnen. „Viele des Spitzenpersonals der AfD sind rechtsradikal, aber bei Weitem nicht alle ihre Wähler“, so Fischer. Großen Anteil habe die Integrationsfrage gehabt, da müsse man jetzt Lösungen finden. „Vielleicht ein Einwanderungsgesetz, wie es die USA, Kanada und Australien haben.“ Die Bildung einer Jamaikakoalition hält Fischer für schwierig, vor allem bei der Frage der Verteilung der Ministerposten. Was, wenn Angela Merkel jemanden wie Schäuble, eine Integrationsfigur des rechten Parteiflügels, dann nicht mehr ins Kabinett bekäme?
Die Wahlergebnisse im Bezirk Harburg und dem Wahlkreis Harburg-Bergedorf-Wilhelmsburg und den Landkreisen Harburg und Stade hielten im Vergleich zum Wahlergebnis auf Bundesebene keine Überraschungen bereit. Als Direktkandidaten ziehen für Harburg-Bergedorf-Wilhelmsburg Metin Hakverdi (SPD), für den Landkreis Harburg Michael Große-Brömer (CDU) und für den Wahlkreis Stade I-Rothenburg II Oliver Grundmann (CDU) in den Bundestag ein. Angesichts des desaströsen Ergebnisses der SPD war es dann auch nicht überraschend, dass sie ím Bezirk Harburg mit 26,4% der Stimmen hinter der CDU (27,1%) landete.
Hier geht es zum Kommentar: Meine Meinung: Die Wahl ist eine Chance für die Demokratie
Zweitstimmenergebnisse aus dem Geebiet
Bezirk Harburg
SPD 26,4 %
CDU 27,1 %
GRÜNE 10,3 %
DIE LINKE. 10,6 %
FDP 8,9 %
AfD 11,8 %
Wahlkreis LK Harburg
CDU 35,9 %
SPD 22,0 %
GRÜNE 10,2 %
DIE LINKE. 6,3 %
FDP 11,7 %
AfD 10,0 %
Wahlkreis Stade I – Rothenburg II
CDU 38,90 %
SPD 24,56 %
GRÜNE 8,22
DIE LINKE. 6,28 %
FDP 9,55 %
AfD 8,89 %