Harburg. Endlich: Nach dem langen Corona-Exil der Bezirksversammlung im Feuervogel ist das Gremium nun wieder da, wo es hingehört: Im Großen Sitzungsaal des Rathauses. Wohl keiner - weder Politiker, Verwaltung, Gäste und vor allem nicht die Journalisten werden den erschwerten Sitzungs- und Arbeitsbedingungen und der Sterilität des Raumes nachweinen. Nun schauen wieder die drei Leitsprüche über den Türen des Ratssaales auf die Politiker und die Verwaltung hinab:
Im Zusammenhang damit, dass erst vor Kurzem die Sternsinger das Rathaus und den Saal gesegnet hatten, bleibt jetzt zu hoffen, dass die Beratungen an Qualität und die Beschlüsse an Güte gewinnen werden.
Gleich zu Beginn gab es einen kleinen Showdown: Die CDU hatte als Dringlichkeitsantrag eine Beratung über die Lage im Phoenix-Viertel eingereicht. Aufgescheucht durch die Berichterstattung über ein angebliches „Geheimpapier“ wollten sich die Christdemokraten jetzt um das Viertel kümmern. nur: Vor der Beratung kam erst einmal die Abstimmung darüber, ob das Thema auch vom Rest der Versammlung als dringlich angesehen wird.
Die Hoffnung der CDU machte SPD-Fraktionschef Frank Richter gleich zu Nichte. „Nur weil etwas in der Bild steht ist es nicht gleich wichtig“, so der Sozialdemokrat. Das ginge ja gleich gut los, meinte dazu der Vorsitzende der Bezirksversammlung, Jürgen Heimath (SPD).
Auch Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen wiegelte ab. Man zu einer großen Runde im November eingeladen an der fünf Fachbehörden und die Stellen des Bezirksamtes beteiligt gewesen seien. Man habe den Vorschlag gemacht, ein richtiges Projekt draus zu machen. „Da sind wir dabei und kurz vor der Ziellinie“, legte Fredenhagen dar. Das Papier, von dem da die Rede ist wäre, sei ein Zwischenstand. „Der Begriff Geheimpapier ist von der Bildzeitung. Die ist, wie sie ist“, so Fredenhagen lapidar.
Schlussendlich stimmten nur die CDU, die FDP und die AfD-Politiker Ulf Bischoff und Matthias Arft für die Dringlichkeit (die „AfD-Fraktion“ hatte wieder einmal anderes zu tun, als ihrer Aufgabe als gewählte Vertreter nachzukommen. Aber dazu weiter unten). Der Rest der Bezirksversammlung stimmte gegen die Dringlichkeit.
Beschlossen wurde im weiteren Verlauf unter anderem der Antrag der Grünen, das Harburger Leitbild: „Zusammenleben in Vielfalt“ um den Aspekt der Nachhaltigkeit erweitern. Dazu soll ein Arbeitskreis im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz gebildet werden, der die Eckpunkte der Erweiterung des vorhandenen Leitbildes festlegen soll. Grundsätzlich nichts Schlechtes. Nur hatten die Grünen direkt davor in der Aktuellen Stunde als Thema „Wirksamer Klimaschutz in Harburg braucht eine gute Beteiligung der Büerger:innen“ angemeldet. Die werden aber im Antrag der Grünen nur wenige Tagesordnungspunkte weiter nicht berücksichtigt. Aber was kümmert einen schon sein Geschwätz von vor fünf Minuten?
Größeren Raum nahm auch die Debatte um die Silvesternacht ein, in der Polizei- und Rettungskräfte bei ihren Einsätzen attackiert worden waren. Sowohl die SPD als auch die CDU und die beiden fraktionslosen AfD-Abgeordneten hatten hierzu Anträge eingereicht. Der Antrag der SPD und der der CDU unterschieden sich nur minimal, was SPD-Fraktionsboss Frank Richter wohl zu einer gewissen generösen Haltung brachte und er mitteilte, dass man den CDU-Antrag nicht ablehnen, sondern ohne Annahme in den Hauptausschuss überweisen wolle. Der Antrag der fraktionslosen Abgeordneten wurde hingegen abgelehnt.
Abgelehnt wurde auch der Antrag der Linken, ein 9-Euro-Sozialticket in Hamburg einzuführen. Als Begründung führte Grünen-Politiker Fabian Klabunde unter anderem aus, dass sich der Antrag eigentlich an den Senat und noch mehr an die Bundesregierung richten würde. Das grifft auch SPD-Verkehrsexperte Frank Wiesner auf und führte an, dass der Antrag in seine Augen verschiedene Themen vermenge und kaum Lösungen biete. Wahrscheinlich waren die beiden nicht zum eigentlichen Beschlussantrag vorgedrungen. Denn die Linken hatten schlicht beantragt, dass sich der Vorsitzende der Bezirksversammlung für ein solches Ticket beim Hamburger Senat stark machen solle. Da die anderen Fraktionen entweder ebenfalls nicht bis zum Schluss gelesen hatten oder schlicht gegen ein Sozialticket für Bedürftige waren, stimmten nur die Linken für den Antrag.
Gegen Ende gab es dann noch einmal ein kleines „Highlight“. Die beiden fraktionslosen AFD-Mitglieder Ulf Bischoff und Matthias hatten beantragt, den parteilosen Andreas Rüdiger aus der AfD-Fraktion aus der Bezirksversammlung zu werfen. Immerhin habe Rüdiger, seitdem er nachgerückt war, an keiner Sitzung der Bezirksversammlung teilgenommen. Die AfD-Fraktion hatte sich im Verlauf der Legislatur gespalten und Bischoff und Arft können zu zweit keine eigene Fraktion bilden. An diesem Status aber hängen eben auch Gelder, unter anderem stattliche Aufwandsentschädigungen für den Fraktionsvorsitzenden und Stellvertreter. Die „AfD-Fraktion“ selbst nahm keine Stellung zu dem Antrag, denn sie war ja (wieder einmal) geschlossen nicht da.
Frank Richter ergriff das Wort stellte klar, dass man sich nicht für die parteiinternen Querelen der AfD instrumentalisieren lasse. Einen handhabbaren Vorschlag zur Lösung bot Grünen-Abgeordnete Heinke Ehlers per Zwischenruf an: „Wählen sie nicht die AfD, dann ist das Problem gelöst“, riet sie.
© All rights reserved. Powered by besser im blick GmbH.